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Mittwoch, 16. Oktober 2024

*Die Schwarzgeherin* von Regina Denk - erschienen im Droemer Verlag

 

*Werbung, unbezahlt*

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Erschienen am 2.9.2024

INHALT/KLAPPENTEXT: Ein abgelegenes Tal in den Tiroler Alpen, Ende des 19. Jahrhunderts. Das entbehrungsreiche Leben in ihrem von Aufklärung und Fortschritt vergessenen Dorf hat die 18-jährige Theres hart werden lassen – aber auch mutig, stolz und stark.

Als der mysteriöse Xaver im Tal auftaucht, verliebt sich Theres in den Fremden, den alle anderen bald für einen Wilddieb halten. In einer Gewitternacht wollen die Bauern dem Wilderer eine Falle stellen, doch der Vermummte entkommt schwer verletzt. Am nächsten Tag ist auch Xaver spurlos verschwunden. Außer sich verkündet Theres, Xavers Kind unter dem Herzen zu tragen, und flüchtet in die wilde Einsamkeit der Hochalpen. Dort will sie ihre uneheliche Tochter in Freiheit großziehen und von dem leben, was ihr die Berge schenken.

Ihr Leben verbringt sie zusammen mit ihrer Tochter in der Heimat, die sie nie ganz aufnimmt, aber auch nicht loslässt, bis ihr Wunsch nach Freiheit, Selbstbestimmtheit und Liebe nicht nur ihr Leben in Gefahr bringt ...

Regina Denk wurde 1981 an der bayerisch-österreichischen Grenze geboren. Die Liebe zu ihrer Heimat wurde ihr, zusammen mit der Leidenschaft für Geschichten, in die Wiege gelegt. Das Schreiben und die Berge begleiten sie schon ihr Leben lang. Vom Literaturstudium in München, bis ans andere Ende der Welt und wieder zurück in die Heimat, wo sie heute lebt - ein Bein in Bayern, das andere in Österreich. Unter dem Pseudonym Fanny König hat sie sich bisher dem bayerischen Krimi-Humor verschrieben. Nun wagt sie mit "Die Schwarzgeherin" einen dramatischen, düsteren Ton, bei dem man bis zur letzten Seite den Atem anhält.


Mein Leseeindruck zum Buch: 

Wir reisen in eine alpine Bergwelt und finden uns wieder  im 19. Jahrhundert, mitten in den Bergen Tirols. Das abgelegene Tal ist schwer und nur unter Mühen  zu erreichen. Die Talbewohner verlassen ihre Dörfer selten, sind fleissige Bergbauern, die hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten. Alles ist von der Gnade und dem Wohlwollen des Herrgott und seiner heiligen Kirche abhängig. Es gibt strenge Regeln in dieser abgeschiedenen gläubigen Gemeinschaft , denen sich Männer und vor allem Frauen und Kinder fügen müssen. Es ist eine absolut patriarchisch geprägte Welt. 

In dieser fast fromm zu nennenden Umgebung wächst die junge Theres auf. Ihre Mutter stammt aus dem *Italienischen* , gibt ihr und allen früh verstorbenen Geschwistern viel Liebe und  Herzensgüte mit auf den Lebensweg.  Auch sie verstirbt und Theres steht plötzlich mit neun Jahren dem Haushalt des Lachermeyer Hofes vor. Theres widersetzt sich von klein auf vielen gängigen Ritualen auf dem Hof wie zum Beispiel dem Brauch des Tötens neugeborener Kätzchen, ist entsetzt über diese grausamen Handlungen des Vaters. Sie lernt schnell, dass es oft sinnvoll ist, kleine, wertvolle Geheimnisse für sich zu bewahren und dem harten, schweigsamen Vater nicht zu vertrauen. Ihr einziger Freund und Gefährte ist der gleichaltrige Leopold vom Xantner Hof. Die beiden Kinder sind unzertrennliche Freunde und eine spätere Heirat erscheint beiden Familien als sinnvoll und normal. Doch die aufkeimende Liebe und Leidenschaft  der erwachsenen Theres, entgegen allen Widerständen der misstrauischen Dorfbevölkerung und ihrer Familie zum mysteriösen Xaver Kargl bringt alle Planungen durcheinander,,,,

Der Schreibstil von Regina Denk erscheint sofort  durch den leicht bayrisch/österreichisch angehauchten, geschriebenen Dialekt als etwas ganz Besonderes und erinnert atmosphärisch an in den Bergen spielende Heimatromane. Er ist aber für jede*en zu verstehen und man braucht deswegen vor den fast vierhundert Seiten keine Scheu oder Bedenken zu haben. Alles ist prima zu lesen und vor allem gut verständlich und als moderner Heimatroman zu sehen, der gedanklich in unsere heutige Zeit passt. Man lernt in verschiedenen Kapiteln und Zeiten das Kind Theres kennen, die junge neunzehnjährige Theres, die achtunddreißigjährige *Schwarzgeherin Theres* sowie ihre junge Tochter Maria, achtzehn Jahre alt. Denn die Bezeichnung *Schwarzgeherin* bedeutet, dass sie eine *Wilderin*  und *Kräuterfrau* ist, die sich freiwillig außerhalb der dörflichen Gemeinschaft gestellt hat und oben auf dem Berg in einer Hütte abgeschieden und unter einfachsten Bedingungen lebt. Von den einfachen und abergläubischen Talbewohnern wird sie oft bei Krankheit und Kindbett Problemen zu Rate gezogen, oft mit den heimlichen Gedanken dabei, dass sie vielleicht doch eine Hex* sei. Wie nun die Wandlung von einem jungen, unschuldigem Kind zu einer Hex* und/oder *Schwarzgeherin* verlief, zeichnet Regina Denk treffend und empathisch in dieser sehr spannenden und dramatischen Lebensgeschichte auf. 

Dieser Roman ist ein Plädoyer für die Selbstbestimmung und Freiheit der Frauen und stellt sich gegen die vorherrschende patriarchaische Welt der Männer, die damals , wie auch heute leider immer noch oft gegeben war/ist. In den Kapiteln *Zwischenspiel* beschreibt die Autorin die freiheitliche Lebensspanne eines Adlerpärchen, welches sein Leben lang bis zum Tod des Partners beisammen bleibt.

Zitat Seite 382: "Eine jede muss sich fügen in dieses Leben, weil ihr gar nix anderes übrig bleibt, weil es einem die Mutter schon beibringt, dass man heiratet und Kinder kriegt und  folgt, damit man dazugehört, damit die Kinder dazugehören. Dass man gehorcht und das man still ist, dass man wegschaut, wenn der Mann sich nicht benehmen kann, dass man dableibt, selbst wenn er einen haut... du bist nicht die Einzige, die gern frei wär, Theres, aber es kann nicht eine jede einfach davonlaufen, die meisten, die müssen bleiben und es aushalten, die meisten, die sind erst frei, wenn es vorbei ist."Und die Schwarzgeherin spürte die Wahrheit in den Worten der anderen Frau, und anstelle von Wut empfand sie plötzlich fürchterlich trauriges Mitleid mit  ihr und  mit sich selbst und mit allen anderen Töchtern, Ehefrauen, Müttern, die von dieser Unmöglichkeit des Freiseins betroffen waren. Waren sie am Ende nicht alle gleich? " 

Dieser Roman ist eine absolute Leseempfehlung und ein Lesehighlight , dem ich sehr gerne FÜNF ***** Sterne gebe. 

Herzlichen Dank an die Autorin und den Droemer Verlag für die Zusendung des gebundenen Rezensionsexemplar.  


 

Montag, 30. Oktober 2023

*Schwestern wie Ebbe und Flut* von Thesche Wulff - erschienen im Droemer Verlag

 

*unbezahlte Werbung*

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INHALT/KLAPPENTEXT: 

Mira kehrt nach langer Zeit auf ihre Herzensinsel Amrum zurück. Hier lebte ihr geliebter Patenonkel Ocko, der ihr früher beim gemeinsamen Treibgutsammeln tausende Geschichten zu ihren Fundstücken erzählte. Doch nun ist Ocko tot, und Miras Schwester drängt sie, sein altes Kapitänshaus abreißen zu lassen. Als ein Sturm die Insel heimsucht und auch Ockos Haus zerstört, fällt Mira ein ganz besonderes Stück Treibgut in die Hände. Es erinnert sie an eine von Ockos Geschichten, in der sie selbst eine besondere Rolle spielte. Und plötzlich muss sich Mira fragen, ob diese Geschichte mehr war als nur Seemannsgarn. Hatte sie nicht vielmehr mit ihrem eigenen Leben zu tun?

Die Autorin:
Thesche Wulff ist das Pseudonym einer Autorin, die schon mehrere Kriminalromane veröffentlicht und Drehbücher geschrieben hat. Sie wurde 1962 geboren und liebt den Wind und die endlose Weite des Nordens. Sie lebt mit ihrem Mann dort, wo das Meer so manche Geschichte an den Strand spült.

Mein Leseeindruck: Die Hamburgerin Mira hat viel Zeit als  Kind auf der Insel Amrum verbracht und dort stundenlang mit dem geliebten  Onkel Ocko den Flutsaum am Meer nach Treibgut abgesucht und dabei seinen spannenden Geschichten über die gefundenen Dinge gelauscht. Ihre Schwester Anke und die Eltern waren auch beim Inselleben dabei, spielten aber in den Ferien eine untergeordnete Rolle für Mira. Ihr Onkel Ocko, der in einem alten Kapitänshaus gelebt hat, war ihr strahlender Urlaubsmittelpunkt. Als Ocko stirbt erbt Mira das alte Kapitänshaus und besucht öfter ihre Schwester Anke auf Amrum, die ihren Lebensmittelpunkt als Ferienwohnungsvermieterin mit ihrem Mann Niels und vier Kindern auf der Nordseeinsel gefunden hat. 

Ich habe sehr lange gebraucht um in den Schreibstil und die Gedankenwelt der Autorin eintauchen zu können.  Sie schreibt mir zu langatmig , umständlich, hält sich an unwichtigen Kleinigkeiten ewig lange fest. Sie entwickelt drei Erzählstränge, die man sehr lange nicht in einen Zusammenhang bringen kann und es ermüdet stark beim Verfolgen. Da ist Mira, die sich in ihrer Familie fehl am Platz fühlt und zudem eine ungute Beziehung zu ihrer jüngeren Schwester Anke führt. Der Erzählstrang mit Josefine spielt im Nachkriegsdeutschland in den Bergen. Friede Seemann ist eine 80 jährige alte kinderliebe Dame, die hart für ihren Lebensunterhalt arbeiten muss. Atmosphärisch dicht und stimmig ist der Autorin die Beschreibung der Insel Amrum gelungen. Nordseeliebhaber*innen kommen in diesem Buch voll auf ihre Kosten. 

Die Versuchung das Buch *Quer* zu lesen ist sehr gross. Ich habe es nicht getan, dafür aber eine lange Lesezeit für die Lektüre verbraucht. 
 
Meine Bewertung: DREI *** Sterne für diese langatmige Familiengeschichte aus dem Genre Wohlfühl Roman. 

Herzlichen Dank an die Autorin und den Droemer Verlag für das gebundene Rezensionsexemplar ! 

Montag, 11. September 2023

*Der Wald* von Tibor Rode - erschienen im Droemer Verlag


 *Werbung unbezahlt*

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Erscheinungsdatum:

01.09.2023

INHALT/KLAPPENTEXT: Überall auf der Welt tauchen sie plötzlich auf: Tausende anonyme Postsendungen mit feurig roten, bohnengroßen Samen. Zwar warnen die Behörden davor, das Saatgut einzupflanzen, doch da ist es schon zu spät. Zu viele Menschen haben es bereits in ihren Gärten ausgesät. Kurz danach sind aus den Bohnen hüfthohe Pflanzen entstanden, mit Stängeln von der Stärke eines Kinderarms und Blättern, die an Baseballhandschuhe erinnern. Menschen reagieren auf die Pollen hochallergisch. Wer versucht, den Pflanzen, die sich weltweit explosionsartig ausbreiten, Herr zu werden, zieht sich schreckliche Verletzungen zu. Eine Teufelspflanze, die zur tödlichen Gefahr für Tier und Mensch wird.

In den USA erhofft man sich von Marcus Holland Hilfe, der auf dem Gebiet der Pflanzen-Neurobiologie forscht und überzeugt davon ist, dass die Fähigkeiten und Intelligenz von Pflanzen bislang unterschätzt wird. Holland ist ebenso schockiert wie fasziniert von der extrem invasiven Art.

Bei seinem Versuch, den Ursprung der anonymen Päckchen zu finden und damit das Rätsel der gefährlichen Samen zu lösen, ist er auf die Hilfe zweier Wissenschaftlerinnen angewiesen. Die Kanadierin Ava Nahanee, die sich aus einem ihr feindlich gesinnten Wald herauskämpfen muss und die Archäobotanikerin Waverly Park, die einem jahrhundertealten Geheimnis auf der Spur ist.

Tibor Rode, 1974 in Hamburg geboren, lebt in Schleswig-Holstein. Er studierte Rechtswissenschaften und arbeitete erst als Journalist, später als Justiziar für eine große Tageszeitung. Heute ist er als Notar und Anwalt tätig. Große gesellschaftliche Fragen und wissenschaftliche Themen wecken sein Interesse und inspirieren ihn zu ebenso spannenden wie raffinierten Geschichten. Seine Thriller sind weltweit in vielen verschiedenen Ländern erschienen. "Der Wald" ist sein erster Roman bei Droemer.

Mein Leseeindruck: Es gibt eindeutig viele giftige und allergische Pflanzen in der Biologie, die den Menschen bei Kontakt oder Genuss schaden. Da sind zum Beispiel die Ambrosia-Pflanze, der Knollenblätterpilz, um nur zwei zu nennen. Doch was passiert wenn plötzlich eine neue , unbekannte Pflanzengattung auftritt, die sich ungehindert verbreitet? Angst, Schrecken, Krankheit und Tod auslöst ? Sogar auf dem gesamten Globus?

Dieses unheimliche, Schrecken verbreitende Szenario hat der Autor Tibor Rode in seinem fiktionalen Öko-Thriller ausführlich auf ca. vierhundertsechzig Seiten erzählt. Der Schreibstil ist flüssig, gefällig und angenehm zu lesen. Das Buch ist in relativ kurze Kapitel aufgelistet, welche jeweils aus der Sicht eines der unterschiedlichen Protagonist*innen erzählen. Wir lernen den *German Ranger* ,Wissenschaftler und Forstwirt Marcus Holland aus Brandenburg kennen, der sich auf einer Lesereise in den USA befindet um über seine neuesten Forschungs-Erkenntnisse hinsichtlich der Entwicklung in der Pflanzenwelt  öffentlich zu referieren. Dort wird die junge Archäobotanikerin Waverly Park vor seinen Augen erschossen und die unheilvolle Geschichte der Verbreitung einer neuen Pflanzenart nimmt dort ungehindert seinen Lauf und Beginn. Die Wurzeln und die Ursprünge  dieser sogenannten *Höllenpflanze* stammen aus dem Lebens- und Forschungsgskreis des Johann Wolfgang von Goethe und reichen hinein bis in das heutige sowie auch in das alte China vor Hunderten von Jahren. 

Ava Nahanee, eine junge Forscherin aus der IT-Branche mit indigenen Wurzeln, aus Kanada stammend, spielt eine wichtige Rolle, ist eng mit Waverly befreundet. Auch andere Forscherinnen wie  die Amerikanerin Greta Meyers werden in die Nachforschungen involviert. Doch wer sind Dechambeau und der geheimnisvoll auftretende Silva? Was haben sie mit der *Höllenpflanze* zu tun? Diese Entwicklung könnt ihr beim Lesen des sehr erschreckenden und nah an unserer Realität spielenden fiktionalen Ökothriller verfolgen und entdecken,,,,

Meine Bewertung: FÜNF ***** Sterne für diesen aufregenden Öko-Thriller. 

Herzlichen Dank an den Autor und den Droemer Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplar. 


Donnerstag, 8. Dezember 2022

*Café Leben* von Jo Leevers - erschienen im Droemer Verlag

 

*Unbezahlte Werbung, Rezensionsexemplar*

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Erschienen am 2.11.22

INHALT/KLAPPENTEXT: Zwei Frauen, zwei Schicksale – eine bewegende Botschaft

»Café Leben« ist ein außergewöhnlicher Roman über zwei Frauen aus zwei Generationen, die einander ihre Lebensgeschichte erzählen: kraftvoll, eindringlich und voller Hoffnung.

Die 32-jährige Henrietta Lockwood führt in London ein zurückgezogenes Leben mit ihrem Hund Dave. Schon früh hat sie eine Mauer zwischen sich und der Welt errichtet. Das verhilft ihr schließlich zu einem besonderen Job im Hospiz, bei dem man besser nicht ständig in Tränen ausbricht: Henrietta soll todkranken Menschen dabei helfen, die Geschichte ihres Lebens für die Nachwelt aufzuschreiben.

Schon bei den ersten Gesprächen mit ihrer Klientin Annie merkt Henrietta, dass die 66-jährige Krebspatientin schlimmen Erinnerungen ausweicht. Ohne die wird ihre Geschichte jedoch nie vollständig sein, und das kann Henrietta nicht hinnehmen. Sie versucht auf eigene Faust herauszufinden, was Annies Schwester vor 46 Jahren zugestoßen ist.

Doch um Annie dazu zu bringen, alle Puzzleteile offenzulegen, muss Henrietta etwas tun, was sie noch nie zuvor getan hat: ihre eigene Geschichte erzählen.

Ergreifend, ohne rührselig zu werden, schreibt die britische Autorin Jo Leevers über Leben und Tod, über das Erinnern und das Erzählen, das die Macht hat, alte Wunden zu heilen. Ein besonderer Roman, der noch lange nachhallt.

Jo Leevers, geboren und aufgewachsen in London, schreibt für zahlreiche Magazine, u.a. für The Guardian, The Observer, The Telegraph, World Of Interiors und Living. Ihr Spezialgebiet ist Interior Design. Sie hat zwei erwachsene Kinder und lebt mit ihrem Mann und der Hündin Lottie in Kent. Café Leben ist ihr Debütroman.

Mein Leseeindruck: Was passiert wenn sich eine ältere, todkranke Frau und eine junge Frau in den besten Jahren begegnen , eine  Beziehung zueinander aufbauen, sich ihre Lebensgeschichten teilweise erzählen und doch einige dunkle Schattenseiten in ihrem Dasein für sich behalten? Das und noch viel mehr über das *Heute* und eine Zeit vor über 46 Jahren erfahren wir beim Lesen des Debüt Romans von Jo Leevers. 

Die junge, schüchterne Henrietta, immer an sich und ihren Fähigkeiten zweifelnd, bewirbt sich auf eine Stelle in der Beratungsambulanz eines Krebszentrums. Sie soll mit todkranken Patient*innen Gespräche über deren gelebtes Leben führen und anschliessend für die Hinterbliebenen ein Buch erstellen. Es ist keine leichte Aufgabe, denn für die Verarbeitung aller Eindrücke bleiben Henrietta nur sechs Interview-Sitzungen a' 1 Stunde pro Patient. Es gibt sogar einen Vordruck mit Fragen, der sich aber bald als nutzlos erweist, denn ein ganzes, Jahrzehnte dauerndes Leben ist nicht mit der Beantwortung einiger Fragen darzustellen . Henrietta ahnt, dass sie immer wieder nur kurze Augenblicke aus dem Leben ihrer Klient*innen  erfährt und  das schwer nachfühlen kann. Dieses alles stimmig für das gewünschte Buch zusammenzustellen ist eine schwierige Aufgabe. Sie lernt die todkranke, viel ältere und ihr exzentrisch erscheinende Annie kennen und die beiden Frauen tasten sich behutsam aneinander an.

Der Roman wird abwechselnd immer aus der jeweiligen Perspektive von Henrietta und Annie erzählt, bekommt dadurch ein buntes und spannendes, leider oft auch trauriges Erleben für den Leser*in. Henrietta erfährt unausgesprochene Vermutungen, Wahrheiten und dunkle Geheimnisse von Annie. Deren geliebte und gleichzeitig gehasste jüngere Schwester Schwester Kathy verschwand plötzlich vor 46 Jahren und Annie kam über diesen Verlust nie hinweg. Eifersucht und ein trotzdem grosser Zusammenhalt zwischen den Geschwistern spielte eine grosse Rolle in ihrer Beziehung zueinander. Die unglückliche, nachfolgende Ehe mit einem brutalen Mann hat Annies Leben zusätzlich  negativ geprägt. 

Henrietta begibt sich auf Spurensuche nach den Gründen für Kathys damaliges Verschwinden und taucht mehr und mehr in Annies Leben ein. Aber auch Annie lernt  die junge Henrietta immer genauer kennen, da diese tragische Ereignisse aus ihrer Kinder- und Jugendzeit zu verarbeiten hat..... 

Für dieses Buch braucht man starke Nerven, denn die gefühlvolle Schreibweise der Autorin geht an *Herz und Nieren*. Eine todkranke, krebskranke Frau in ihren intimsten Gedanken zu begleiten bringt die Leser*rin an den Rand des Aushaltbaren, zumal sich die Ereignisse am Ende des Buch überschlagen. Vielleicht werden sie sogar ein wenig zu hastig erzählt.....

Meine Bewertung: VIER **** Sterne !

Vielen Dank für die Zusendung des Rezensionsexemplars!

Dienstag, 11. Januar 2022

*Die Wiederentdeckung des Glücks* von Antonia Michaelis - erschienen bei Droemer


 *Werbung, unbezahlt*

Herausgeber ‏ : ‎ Droemer HC; 1. Edition (1. September 2021)

Sprache ‏ : ‎ Deutsch

Gebundene Ausgabe ‏ : ‎ 336 Seiten

ISBN-10 ‏ : ‎ 3426282607

ISBN-13 ‏ : ‎ 978-3426282601

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Inhalt /Klappentext: Können wir Glück recyceln?

Ebenso poetisch wie eindringlich erzählt Antonia Michaelisʼ Gesellschaftsroman von vier Menschen, deren Lebenswege sich auf Madagaskar immer wieder kreuzen, und die einander den Mut geben, Grenzen zu überschreiten und ihre Fesseln abzustreifen.

Kleider, Flaschen, Schuhe – alles kann man recyceln. Warum nicht auch das Glück?

Einst war Madagaskar ein Paradies, heute ist die Insel vor der Küste Afrikas fast komplett abgeholzt und bettelarm – und lebt vom Recycling. Vielleicht webt das Schicksal deshalb genau hier vier Lebenswege ineinander, um am Ende ihre Ketten zu sprengen?Da ist der Straßenjunge Biscuit, der sich einfach weigert, seine Träume aufzugeben. Da ist die junge Maribelle, die nie gelernt hat, Träume zu haben – bis sie die Kraft ihres Willens entdeckt. Und da sind Terje und seine Tochter Nora aus Deutschland, die gleich zwei Mal alles in Bewegung setzen werden.

Antonia Michaelis hat selbst einige Zeit auf Madagaskar gelebt. Mit »Die Wiederentdeckung des Glücks« hat die preisgekrönte Autorin einen lebensklugen, tief bewegenden Gesellschaftsroman über Empowerment geschrieben, der noch lange im Gedächtnis bleibt.

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Mein Leseeindruck: Madagaskar war für mich immer eine Insel, weit weg aus meinem Bewusstsein. Einzig das Lied * Wir kamen von Madagaskar,,,,* habe ich mit diesem Land verbunden. Das hat die Autorin Antonia Michaelis mit ihrer glücklich machenden Geschichte, die sich fast wie ein poetisches, mystisches Märchen liest,  für mich gründlich zum Positiven verändert. Das Schöne daran: die Autorin schreibt ehrlich über die Schattenseiten des Lebens, vor allem über warmherzige Menschen, die dort teilweise unterhalb der Armutsgrenze leben müssen. Wer aus der Bevölkerung leidet am meisten und gibt sich trotz allem einfach dem Leben mit Vertrauen spielerisch hin? Es sind wieder einmal die Kinder. 

Die Kinder des Landes sind kreativ, recyceln alles - wirklich alles. Sie fertigen Gegenstände aus anscheinend wertlosen Müllrückständen für den alltäglichen Gebrauch und für ihre Spielwelt, die ohne übliches, kommerzielles Spielzeug auskommt ! Strassenkinder, wie der Rikschafahrer Biscuit, der im Erwachsenenleben ein berühmter Radfahrer wird , wachsen dem Leser*innen ans Herz. Eine rote Klingel, die er als fünfjähriger Knirps vom jungen  Weltenbummler Terje in den 70er Jahren geschenkt bekommen hat, begleitet ihn lebenslang. Terje und Biscuit treffen nach vielen Jahrzehnten wieder aufeinander und empfinden eine grosse Sympathie und  Zusammengehörigkeit zueinander . Terje, inzwischen in seinen letzten Lebensjahren, besucht die Insel nach langer Abwesenheit  mit seiner deutschen Tochter Nora, die bislang keine oder/und sehr naive Vorstellungen über die Lebensumstände der Bevölkerung hat. Aufgewachsen weit weg von dieser Armut in Deutschland sucht sie als Managerin einen neuen , exotischen Duft auf der Insel für ihre europäischen Kunden. Kann das funktionieren inmitten brennenden Mülls, abgeholzter Wälder und zerstörter Natur?

Das Buch übt auf den Leser einen faszinierenden Zauber aus, bedingt durch den poetischen Schreibstil der Autorin, der sich leicht und flüssig lesen lässt. Eine wahre Perle, völlig anders geschrieben und erzählt  als all die üblichen Familiengeschichten hat uns die bekannte Autorin geschenkt . Herzlichen Dank dafür liebe Antonia Michaelis.

Mein Dank gilt auch dem Droemer Verlag für die Zusendung des gebundenen Rezensionsexemplars! 

Mittwoch, 11. November 2020

*Bergsalz* von Karin Kalisa, erschienen im Droemer Verlag

 

*Werbung, unbezahlt*

Inhalt:/Klappentext: Dass man so klein wie "füreineallein" eigentlich gar nicht denken und nicht kochen kann, ist von jeher Franziska Heberles Überzeugung. Trotzdem kommt das mittägliche Klingeln an ihrer Haustür unerwartet, ungebeten und ungelegen: Eine Nachbarin. Dann noch eine. Es reicht – und reicht noch nicht. Denn auf einmal fühlt sich das Ungelegene absolut richtig und vor allem steigerungsfähig an: Doch wie kann das überhaupt gehen? Ein Mittagstisch für viele – hier, im ländlichen weiten Voralpenland, wo Einzelhof und Alleinlage seit Generationen tief in die Gemüter sickern? Und es nicht jedem passt, wenn sich etwas ändert. Es braucht Frauen aus drei Generationen: Franzi, Esma und Sabina. Nicht jede 'von hier', aber aus ähnlichem Holz. Es braucht Ben, der wenig sagt, aber wenn, dann in mancherlei Sprachen; es braucht Fidel Endres, einen Vorfahr, der etwas Entscheidendes hinterlassen hat – und einen halbleeren Kübel Alpensalz in einer stillgelegten Wirtshausküche, der zeigt: Dem Leben Würze geben, ist keine Frage der Zeit.

Karin Kalisa, geboren 1965, lebt nach Stationen in Bremerhaven, Hamburg, Tokio und Wien seit einigen Jahren im Osten Berlins. Sowohl als Wissenschaftlerin als auch mit dem Blick einer Literatin forscht sie in den Feldern asiatischer Sprachen, philosophischer Denkfiguren und ethnologischer Beschreibungen. Nach Karin Kalisas erstem Roman "Sungs Laden" erschienen ihre Wintererzählung "Sternstunde" und ihre weiteren Romane "Radio Activity" und "Bergsalz".

Meine Meinung: Wir Menschen sind soziale Wesen. Doch was macht uns dazu und zeichnet uns vielleicht sogar aus? Die Autorin geht dieser Frage nach und wir erleben in ihrem neuen Buch alle Höhen und Tiefen emphatischer Empfindungen füreinander. Es gibt Freude, Sympathie, Großzügigkeit, Liebe, aber auch die Schattenseiten  wie Ärger, Hass, Neid, Schmerz und noch sehr viel mehr an negativen Gefühlen. Oft auch hervorgerufen durch das Leid durch Krieg und Vertreibung. Doch was ist die Würze des Lebens, die uns nicht verzagen lässt? Es ist das SALZ ! Diese Einsicht vermittelt die Autorin eindringlich in ihrem  Buch. Sie schreibt es im bayrischen Stil, was es  nicht unbedingt einfach macht beim Lesen. Zu Beginn begegnen wir eindrucksvollen Frauen aus dem Allgäu. Wie Franzi mit ihren alteingesessenen  Dorffreundinnen, der aussergewöhnlichen Sabina, die aus der Enge des dörflichen Lebens in die Welt, grosse Städte und gar in Kriegsgebiete flüchtet. Und es gibt neue Dorfbewohner. Flüchtlinge aus Syrien, die alles verloren haben . Ihr Hab und Gut, ihre Heimat, ihr bisheriges Leben. Doch all diese Menschen  verbindet eines. Die Kraft und die Freude zu einem Neubeginn. Franzi übernimmt die behutsame Führung für eine sogenannte *offene Küche* . Sie hat es satt allein und ohne Kontakte ihren letzten Lebensabschnitt zu verbringen. Sie lernt andere einsame Dorffreundinnen näher kennen, freundet sich mit der fremdartigen Esma an und schafft es sogar die zurückgekehrte und desillusionierte Sabina in ihre Pläne einzubinden. Die Frauen kochen, probieren neue Rezepte und neue Formen des Zusammenseins aus und bei allem ist es immer dabei! DAS SALZ - die Würze des Lebens und der sorgfältigen und nachhaltigen Küche. 


Interessant erschienen mir die Einbindungen und das Erzählen  mittelalterlichen Geschehens aus dem Allgäu und/oder Voralpenland.  Die Autorin hat diese Abschnitte eines Berichtes über die Bundschuh-Bewegung in kursiver Schrift , kleingeschrieben verfasst, in ihren Roman aufgenommen. Dieses bäuerliche und ohnmächtige Aufbegehren gegen bestehende Ungerechtigkeiten von  Obrigkeiten schliesst im Buch einen Kreis für Sabina, die ausserhalb des Dorfes in einem Einödhof ihr Familien-Leben neu  beginnt. 

Meine Bewertung: FÜNF *****Sterne für dieses ungewöhnliche Buch über gelungene Frauen-Leben  im Alter  -  inmitten bodenständiger Lebensgrundlagen. 

Wer mehr über die Bundschuh Bewegung erfahren möchte , möge bitte diesen Link anklicken. 




Dienstag, 27. Oktober 2020

*Die sardische Hochzeit* von Grit Landau, erschienen im Droemer Verlag !

 

*Werbung, unbezahlt*

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Inhalt/Klappentext: Sardinien 1922, kurz vor Mussolinis Machtergreifung: 

Leo Lanteri, Kriegsveteran und Erbe einer ligurischen Olivenplantage, hat im Streit einen Faschisten getötet und muss untertauchen: Sein Vater schickt ihn nach Sassari auf Sardinien - für den smarten, jazzbegeisterten Leo das Ende der Welt.

Doch auf der »vergessenen Insel« brodelt es, Sardinien steht wie der Rest Italiens am Rand eines Umsturzes. Auch Leo gerät bald zwischen alle Fronten. Denn auf dem Landgut des Mussolini-Anhängers Soriga trifft er auf die Liebe seines Lebens: Gioia, die eigenwillige Tochter des Hauses. 

Kein guter Zeitpunkt, um sich zu verlieben, denn die musikalisch begabte Gioia soll keine Woche später heiraten, den Spross eines ursardischen Clans von Pferdezüchtern - und die Traditionen dieser Familie sind mörderisch.


Grit Landau hat Geschichte studiert und danach als Kultur- und Musikjournalistin gearbeitet, bevor sie zu schreiben begann. 

Ihr Romandebüt „MARINA, MARINA", eine Familien- und Liebesgeschichte im Italien der 1960er Jahre, erschien bei Droemer im Frühjahrsprogramm 2019 und wurde von den LeserInnen geliebt. 


Meine Meinung: 

Fasziniert habe ich zu diesem Titel gegriffen, da ich im letzten Jahr während einer privaten Reise die Insel Sardinien kennenlernen durfte. Ich war gespannt wie die Autorin über die Insel berichten würde und war von ihrer super guten und genauen Recherche geschichtlicher Hintergründe begeistert und überrascht. Sie hat diese  fiktive Familiengeschichte vor einem traurigen politischen Geschehen angesiedelt und uns so zusätzlich Zeitgeschichte lebendig und bunt nahe gebracht. Nach dem ersten Weltkrieg gewannen die Faschisten unter Mussolini in Italien immer mehr Einfluss, bestimmten das öffentliche Leben und unterwanderten das herrschende System. Buntes, sardisches Familienleben hat sie geschickt mit wahrer Geschichte, zum Beispiel mit der Person des sardischen Politikers Emilio Lusso verknüpft.  Besonders interessant und informierend waren für mich die Erklärungen sardischer Begriffe, Mythen und Legenden des alten Brauchtums der Insel, die sie vor jedes Kapitel gesetzt hat. Erklärungen zum Buch und ein sorgfältig erstelltes Glossar italienischer Begriffe  am Ende des Romans sind absolut lesenswert für den interessierten Leser*in! 

Hier zwei Bespiele dieser Erklärungen: 




   

Diese Erklärungen empfand ich als wertvoll und zum Verständnis sardischen Brauchtums unerlässlich. Ein altes Sprichwort der einfachen Insel-Bevölkerung lautet auch in diesem Sinne:
 * Wer vom Meer kommt, will uns bestehlen! * 









Diese Liebesgeschichte zwischen Gioia und Leo wird mit ganz viel Gefühl und Leidenschaft erzählt und hat mich beim Lesen voll in den Bann geschlagen. Man spürt förmlich den Geruch der Pferde auf dem Landgut der Familie Marras,  sieht die Olivenplantagen und die wilde, bergige Landschaft mit den wunderschönen Buchten und Stränden vor sich . Und doch regelte damals noch eine stark patriarchisch gelebte ursprüngliche Ordnung das Leben auf dem Land , aber auch in den wenigen grossen Städten an den Küsten.  Gioia's Stellung als gehorsame Tochter und Frau mit wenigen eigenen Möglichkeiten das Leben mit eigenen Wünschen und Träumen zu füllen, macht betroffen. Hochzeiten wurden oft von den Männern der Familie arrangiert und dienten oft dazu schlimme Blutfehden zwischen unterschiedlichen Familien zu verhindern.  
Die persönlichen Schilderungen der Leidensgeschichte von Leo als dienender Soldat, Leib und Leben bei einem Giftgasangriff während eines Angriffs ausgesetzt, macht betroffen und erinnert an das unsägliche  Leid so vieler Menschen. Die Autorin hat Leo's Erinnerungen und Ängste an die Kriegserlebnisse, die ihn immer wieder plötzlich überfallen haben , in kursiven Absätzen eindringlich  hervorgehoben. 
 
Man spürt in diesem klug erzähltem  Roman sehr deutlich aber auch die Angst mancher Bevölkerungskreise vor den Faschisten, ebenso wie die Begeisterung vieler Menschen für die neuen politischen Ansichten. Insofern ist dieses Buch keine reine Liebesgeschichte , sondern beinhaltet  ganz viel mehr,,,,,

Meine Bewertung: Eine absolute Leseempfehlung mit FÜNF ***** Sternen. 

Mein Dank gilt Grit Landau und dem Droemer Verlag für die Zusendung dieses interessanten und gebundenen Rezensionsexemplar ! 



Mittwoch, 8. April 2020

*Wild Game - Meine Mutter, ihr Liebhaber und ich * von Adrienne Brodeur, erschienen im Droemer Verlag

*Werbung, unbezahlt*

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Erschienen am 1. April 2020

Inhalt / Klappentext:

Adrienne / Rennie  hat eine umwerfende, strahlende Mutter, die der Mittelpunkt einer jeden Gesellschaft ist. Schon ihr Name Malabar strömt reine Exotik aus. Doch Malabar ist auch eine große Egozentrikerin, und als sie sich in den besten Freund ihres Mannes verliebt, macht sie ihre Tochter zu ihrer engsten Vertrauten und stellt auf diese Weise das Mutter-Tochter-Verhältnis auf den Kopf. Bald schon lebt Adrienne ganz für die aufregende Liebesgeschichte ihrer Mutter, statt ihre eigene Jugend auszukosten. Erst als erwachsene Frau ist sie in der Lage, die Mechanismen zu erkennen, die ihr Leben geprägt haben. Und es gelingt ihr, sich mit ihrer Mutter auszusöhnen, die ihr die Jugend gestohlen hat.

Adrienne Brodeur hat acht Jahre als Lektorin bei dem renommierten New Yorker Verlag Harcourt Houghton Mifflin gearbeitet und leitet jetzt ein Programm zur Förderung schriftstellerischen Nachwuchses. Zusammen mit Francis Ford Coppola gründete sie das Magazin Zoeptrope: All story. Adrienne Brodeur ist Autorin des Romans "Man Camp" und schreibt nebenbei für die New York Times. Sie lebt in New York und auf Cape Cod.



Meine Meinung zum Buch: 

Der ungewöhnliche Titel des Buch hat mich sofort magisch angezogen und mein Interesse geweckt. Zudem habe ich in der letzten Zeit immer gute Erfahrungen mit Büchern gemacht, die von einem Lektor*rin verfasst wurden. Adrienne Brodeur hat einen ausgereiften, klaren und fesselnden Schreibstil. Das Buch erzählt autobiografisch, beginnt in einem leichten, ansprechend charmanten Schreibstil, fast in Jugendsprache verfasst, und endet mit einer psychologisch sehr tiefen, bedrückenden und ergreifenden Selbstanalyse des Lebensverlaufes der Autorin. Adrienne Brodeur beschreibt mit offener Ehrlichkeit ihre Mitbeteiligung an einem Betrug. Ihre exzentrische Mutter Malabar betrügt ihren kranken, zweiten Ehemann Charles jahrelang mit seinem Freund Ben. Er ist ein Vertrauter der Familie. Ben und Charles sind seit Jahrzehnten durch eine innige Freundschaft eng miteinander verbunden. 


Die verschiedenen Charaktere der Hauptprotagonisten wurden schlüssig, realistisch und sehr anschaulich dargestellt. Da ist die schillernde, in der Öffentlichkeit stehende Mutter Malabar, egoistisch, und fast kindlich naiv dargestellt in ihrem Wesen. Sie wurde ihrerseits geschädigt durch eine schwierige Kindheit im Dunst einer exotischen Familie und ähnlich geprägten Mutter, die im Indien der Kolonialzeit gelebt hat. Diese Vorstellung nährt Malabar mit Schilderungen ihrer Kindheit gegenüber ihrer Tochter. Der Besitz eines wertvollen Schmuckstückes aus diesem exotischem Land spielt eine grosse Rolle in der ungesunden Beziehung zwischen Mutter und Tochter. Rennie bewundert kritiklos, verzückt und unreflektiert die Geschichten der Mutter um dieses Collier. Lebenslang.

   

Mit einem Kuss zwischen Ben und Malabar beginnt diese Affäre. Malabar vertraut sich sofort ihrer jungen 14 jährigen Tochter ohne Hemmungen an und macht sie bewusst zur Mitwisserin. Malabar missbraucht das Vertrauen, die Bewunderung sowie die absolute Liebe ihres Kindes Adrienne/Rennie, indem sie die pubertierende Rennie zur Vertrauten und Mitspielerin ihres Betruges verführt. Anstatt ihre Jugend und ihr eigenes Liebesleben zu er-leben, tut Rennie alles um die Affäre ihrer Mutter zu be-schützen. Sie dient freiwillig mit persönlichen Alibifunktionen für Ben und Malabar, obwohl sie ihren Stiefvater Charles sehr liebt. Gewissensbisse ihm gegenüber spült sie mit ihrer Schwärmerei für die romantische, neue Liebe ihrer Mutter hinweg. 


Charles erscheint dem Leser lange Zeit unwissend über dieses Geschehen. doch im Rückblick als erwachsene, reife Frau sieht Rennie sein Leben und Verhalten schon aus einer anderen Sichtweise. Alles was nicht ausgesprochen wurde - erschien ihr nun im Rückblick als unterschwellig, schwer benennbare unheilvolle Schwingung im Familienleben. Je älter Rennie wird, desto mehr belasten sie diese alten Geheimnisse,  zumal sie nun zunehmend ihr Verhältnis zur Mutter differenzierter und objektiver sehen kann. Das ist eine sehr interessante Entwicklung für den Leser und baut sich immer stärker auf.  Interessante und genau beschriebene Nebenprotagonisten wie Ben's Ehefrau Lilli, Ben selber und Rennie's Bruder runden das Bild der beteiligten Personen  in diesem Familiendrama gut ab. Alkoholexzesse im Familienleben, die Lage des gemeinsamen Heimes am Meer,  sowie eine Feinschmecker Küche geben dem Buch Esprit und Atmosphäre, da Malabar auch auf diesem Fachgebiet absolut brilliert. 

Die Lektüre ist unglaublich spannend, wandelt sich und hat mich in einen enormen starken Lesesog gezogen. Nach dem Beenden fühlte ich mich angestrengt, ausgelaugt aber trotz allem sehr gut unterhalten - fast wie in einem Krimi. So muss Belletristik sein: ehrlich, unterhaltend und spannend - eben aus unserem reichen und buntem Leben mit allen Schattierungen, Höhen und Tiefen versehen!


Meine Bewertung: FÜNF ***** Sterne für diesen grossartigen Roman!

Vielen Dank für diesen absoluten Lesegenuss an die Autorin und den Droemer Verlag.      


 


Sonntag, 22. Juli 2018

*Der Mut zur Freiheit* von Katja Maybach, erschienen im Knaur TB Verlag

Taschenbuch, Knaur TB
02.05.2018, 304 S.

ISBN: 978-3-426-52008-6                         *Werbung*


Rezension

INHALT/Klappentext:
Dramatisch, fesselnd, voller Gefühl und Geheimnis: In ihrem Spanien-Roman „Der Mut zur Freiheit“ erzählt die erfolgreiche Autorin Katja Maybach die Geschichte von drei selbstbewussten Frauen. 

Margarita, ihre Tochter Valentina und deren Tochter Olivia, sie leben, wie sie lieben: leidenschaftlich und frei. Im Madrid der späten 1940er Jahre teilen sich die drei Frauen nicht nur ein Haus, sondern auch ein Schicksal: Die Liebe wird ihnen zum Verhängnis. 
So wurde die schwangere Margarita von ihrer streng katholischen Familie verstoßen und musste Valentina allein groß ziehen. Valentinas große Liebe, Olivias Vater, ist ein verheirateter Mann. Und die 24-jährige Olivia, eine engagierte Tierschützerin, hat ihr Herz an einen Stierkämpfer verloren, einen Mann, den sie eigentlich nicht lieben kann …






Meine Meinung:


Dieses Buch hat mich über den heutigen Tag begleitet und ich mochte es gar nicht aus der Hand legen. Die Autorin schildert fesselnd eine vergangene Zeit der Geschichte und zwar die Franco Diktatur Ende der 1940 er Jahre.  Sie hat diese komplizierte und gefährliche Zeit geschickt und faszinierend mit dem Schicksal drei starker Frauen verknüpft. Ihr Schreibstil  ist unkompliziert , flüssig und angenehm zu lesen. Ich konnte durch das Buch fliegen und alles wunderbar aufsaugen und miterleben. 


Diese  Zeit der Diktatur  in der realen Geschichte ist ja längst vergangen - aber nicht vergessen! Beklemmende Schilderungen von heimlicher Überwachung und Bespitzelung der Bevölkerung, die nicht regimetreu erschien, waren an der Tagesordnung und die Menschen haben sich eingerichtet damit. Diese Atmosphäre hat die Autorin sehr dicht und eindringlich geschildert. Alleinstehende und/oder alleinerziehende Frauen mit einem eigenen Willen und selbstbestimmten Leben waren zu der Zeit unbeliebt, selten und wurden von der Gesellschaft verachtet. Dagegen haben sich diese drei Frauen gestemmt und es fast geschafft, sich einen festen Platz in der Gesellschaft zu erobern. Aber die Liebe hat sie immer wieder in neue Bahnen und tragische Abenteuer geworfen. Das war aufregend, anregend und sehr fein mitzuerleben durch die bunten Schilderungen der Autorin. Es geht um  leidenschaftlichen Flamencotanz, lebensgefährliche Stierkämpfe und um das Stadt - und Nachtleben in der funkelnden Metropole Madrid.


Margarita , Anfang des 19. Jahrhundert geboren beginnt in  diesem Frauenreigen, gefolgt von Tochter  Valentina  und deren Tochter Olivia.
Zitat  Seite 55 : " Bartolomé aber kam wieder auf Margarita zu sprechen: " Sie und ihre Tochter haben bewiesen, dass sie tief lieben können, ohne sich irgendwelchen gesellschaftlichen Zwängen zu unterwerfen. Den Mut zur Freiheit zu besitzen und sie offen leben. Das ist sehr bewundernswert." 


 Einige kleine Zweifel und Kritikpunkte möchte ich noch anfügen.  Die Denkweise und Einstellungen  dieser drei Frauen erschienen mir fast zu modern, sie würden viel eher in die heutige Zeit passen und ich bin nicht sicher, ob das mit der damaligen Wirklichkeit tatsächlich in Zusammenhang zu bringen ist. Es war mir  auch nicht bewusst, dass es  damals schon Tierschutzorganisationen gab, aber ich vertraue gern der sorgfältigen Recherche der sympathischen Autorin. 


Meine Bewertung: VIER **** STERNE für dieses tolle Zeitzeugnis.
Herzlichen Dank an die Autorin und den Knaur TB Verlag für die Zusendung des Buches !


Dienstag, 10. Juli 2018

*Revolution im Herzen* von Claudia & Nadja Beinert, erschienen im Knaur Verlag


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Rezension

INHALT/Klappentext:
Die heimliche Liebe des Karl Marx
Der historische Roman zum 200. Geburtstag von Karl Marx von den Autorinnen Claudia und Nadja Beinert und gleichzeitig eine große Liebesgeschichte.
In Zeiten todbringender Armut und Ausbeutung muss sich Lenchen Demuth schon früh als Dienstmädchen verdingen. Im Haushalt der Familie Marx wird sie der jungen Ehefrau Jenny zur engen Freundin – und bald auch Vertraute des großen Philosophen Karl Marx. Fasziniert verfolgt sie seine Studien und erkennt bald, dass diese auch mit ihrem eigenen Leben zu tun haben.
Doch dann verliebt sich Lenchen rettungslos in Karl Marx.. Als sie ein Kind erwartet, steht nicht nur ihre Freundschaft mit Jenny, sondern auch das Werk von Marx und Engels auf dem Spiel.
Mit tiefer historischer Kenntnis verweben die Beinert-Schwestern Fakten und Fiktion zu einem einfühlsamen Roman um eine geheime große Liebe.

MEINE MEINUNG: 

Dieses grossartige  Buch wurde für mich zum aktuellen Herzensbuch und hat mich tief beeindruckt.  Ein grossartig geschriebener historischer Roman, eine gekonnte Verknüpfung aus wahrer Geschichte und belebender Fiktion, belegt durch die  fabelhafte und sehr sorgfältige Recherche der beiden  jungen Autorinnen und ihren absolut fesselnden Schreibstil, der dieses geheime Liebes-Thema der Geschichte so eindringlich und fein schildert. 

Karl Marx ist natürlich jedem Leser als Autor des Buches *Das Kapital* bekannt und ich hatte  bislang wenig Beziehung zu seinem berühmten Werk und seiner Persönlichkeit. Das hat sich nun deutlich verändert. Die Ich-Erzählerin  Helene Demuth aus Trier, liebevoll mit dem Kosenamen Lenchen genannt, erzählt vom jahrelangen Alltag ihres Lebens in Trier, London und Brüssel als Haus - und Kindermädchen bei der Familie von Jenny und Karl Marx. Das Geschehen im 19. Jahrhundert und die Umwandlung in eine Industriegesellschaft mit all ihren negativen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt bringt Lenchen ungeschminkt und ehrlich in diese Lektüre ein. Mit Warmherzigkeit und Klugheit ausgestattet , haben die beiden Autorinnen diese tapfere, fleissige und treue Seele von einer Haushaltshilfe wieder zum Leben auferweckt. Helene Demuth hatte eine schwere und entbehrungsreiche Kindheit, ging in ganz jungen Jahren fort in eine Dienststellung in den  Haushalt einer adeligen Familie. Ihre Erfahrungen und Erlebnisse haben  mich sehr an die Erzählungen meiner Grossmutter erinnert. Auch in ihren jungen Jahren um die Jahrhundertwende ins 20. Jahrhundert war dieses noch eine übliche Arbeit für junge Mädchen und/oder Frauen. Dieser fast fünfhundert Seiten lange Roman war auf keiner Seite langweilig, ermüdend oder mit historischen Fakten überfrachtet, sondern aus sehr menschlicher und gütiger Sichtweise geschrieben. Die Liebe, Treue und Freundschaft zur Familie, gerade auch zu Jenny, Karl und den Kindern in armen und schwierigen Zeiten , die sie mit der Familie verbracht hat, wird dem Leser bildhaft nah gebracht, so dass ich sehr berührt und ergriffen war. Sie hat Karl Marx sogar bis zum Sterbebett begleitet am Ende seines Lebens laut Info im Nachwort. Die abschliessenden erklärenden Worte der Autorinnen empfand ich als sehr interessant  und haben noch einmal mein Hintergrundwissen bereichert. Das angehängte Glossar und die bibliografischen Hinweise vermittelten zusätzlich einen abschliessenden, sehr guten  Überblick. 

Zitat aus dem Nachwort  Seite 451:
 " Das neunzehnte Jahrhundert ist der Beginn unserer modernen Zeit - die Zeit des Durchbruchs der Industrialisierung in Deutschland, was vor allem Massenfertigungen, Globalisierung und unwürdige Arbeitsbedingungen bedeutete. Dampf, Stahl und Elektrizität zogen in den (Arbeits-)Alltag der Menschen ein und veränderten ihr Leben tiefgreifend und mit ähnlicher Wucht, wie dies heute Digitalisierung,Automatisierung und künstliche Intelligenz tun."

Meine Bewertung: FÜNF ***** Sterne für dieses grossartige Buch  über einen berühmten Revolutionär und sein Werk.

Danke an die Autorinnen und den  Droemer Verlag für das schön gebundene Rezensionsexemplar!


Mein Herzensbuch dieser Woche ist ganz neu. Rezi siehe oben. 

Ich lese was, was du nicht liest! Zeig mir dein Herzensbuch! Mitmachaktion! Eine Aktion von Gisela und Anne.

Hier ist der Link zu meiner neuen Herzensbuch Seite bei Wordpress, an der ich ab und zu  herumbastele.



 


Sonntag, 10. Juni 2018

*Die Frauenburg* von Marita Spang erschienen im Knaur Taschenbuchverlag

Buchdetails

Taschenbuch, Knaur TB
01.03.2018, 816 S.

ISBN: 978-3-426-52023-9

Infos zur Autorin und Buch auf der Verlagsseite
*Werbung*














Rezension

Klappentext/Inhalt:

Ein großer historischer Roman über eine der mächtigsten Frauen des Mittelalters von der preisgekrönten Autorin Marita Spang
Die junge Gräfin Loretta von Starkenburg-Sponheim übernimmt im Jahre 1324 nach dem frühen Tod ihres Gatten die Regentschaft für ihren unmündigen Sohn. In dem Kurfürsten Balduin von Trier findet sie einen mächtigen, aber gefährlichen Verbündeten gegen ihre zahlreichen Feinde - und endlich auch Erfüllung in einer Liebe, die vor der Welt geheim gehalten werden muss.
Als sie sich entschließt, eine Burg zu erbauen – ein unerhörtes Ansinnen für eine Frau ihrer Zeit – hat sie endgültig alle machthungrigen Männer gegen sich. Doch neben Klugheit und Weitsicht hilft ihr auch ihre Gabe, Unglück vorherzusehen. Nur ihr eigenes Unglück vermag sie nicht zu erahnen…
Ein Mittelalter-Roman über eine starke Frau, die ihrer Zeit weit voraus war.

MEINE MEINUNG:

Auf über achthundert Seiten bin ich den Ausführungen der Autorin begeistert gefolgt. Ihre Mischung im Buch aus geschichtlichen Erkenntnissen, Fiktion und Liebesgeschichte begeistert total. Der flüssige und angenehm zu lesende , sowie sehr bildhafte Schreibstil, der damaligen Zeit etwas angeglichen, hat mir ausnehmend gut gefallen. Das Buch ist mit einem ordentlichen Anhang versehen, der aus einem informativen Glossar, sorgfältigen Quellenangaben und einer ausführlichen Zusatzerklärung der Autorin versehen ist . Kartenzeichnungen der damaligen politischen Gebietsaufteilungen am Anfang des Buches runden den sehr guten Gesamteindruck dieses Taschenbuches ab. 
Die lebhafte und warmherzige Charakterdarstellung der Gräfin Loretta von Starkenburg-Sponheim bindet den Leser sofort an diese Hauptprotagonistin und ich bin ihrem Lebenslauf mit Freude,  manchmal voller Traurigkeit und viel Erstaunen gefolgt. So ein stark gezeichneter  Frauencharakter, der sich gegen viele Widerstände der patriarchalisch damals regierten politischen Welt durchsetzen musste, hat mich mit Begeisterung erfüllt. Sie hat sich mit einem ungeliebten Ehemann auseinandersetzen müssen, es war eine Zwangs- und Vernunftheirat, hat das Erbe ihrer Söhne hervorragend verwaltet und ist auch für Juden und die Rechte armer Untertanen voll eingetreten.
Der Roman erfüllt auch ein wenig  die Sehnsucht  des Lesers nach Mystik und Geheimnis, da die Gräfin über eine hellseherische Gabe der Frauen ihrer Familie verfügt, die ihr in manchen Situationen hilfreich war, oder eben auch zum Schaden ihrer liebsten Menschen, versagt hat.
Sicher hat auch die psychologische Ausbildung und das Können der Autorin dazu beigetragen so ein interessantes und vielschichtiges Frauenleben uns heutigen Lesern nahezubringen. 

Hinweise zum geschichtlichen Hintergrund gibt es hier unter diesem Link bei Wikipedia:

Meine Bewertung: FÜNF *****STERNE  für dieses grossartige Buch!

Herzlichen Dank an die Autorin und den Knaur-Verlag für die Bereitstellung des Leseexemplar!



Donnerstag, 26. Oktober 2017

*Grimms Morde* von Tanja Kinkel, erschienen im Droemer Verlag

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Buchdetails

  • Erscheinungsdatum Erstausgabe :02.10.2017
  • Aktuelle Ausgabe : 02.10.2017
  • Verlag : Droemer
  • ISBN: 9783426281017
  • Fester Einband 480 Seiten
  • Sprache: Deutsch
  • Produktinformation

  • Rezension

  • INHALT/Klappentext: Der neue historische Roman der Spiegel-Bestsellerautorin Tanja Kinkel führt zurück in das neunzehnte Jahrhundert und verbindet märchenhaftes Setting und historische Spannung mit einer grausamen Mordserie. Rot wie Blut… 
    Kassel, 1821: Die ehemalige Mätresse des Landesfürsten wird nach Märchenart bestialisch ermordet. Die einzigen Indizien weisen ausgerechnet auf die Gebrüder Grimm. Weil die Polizei nicht in Adelskreisen ermitteln kann, die sich lieber Bericht erstatten lassen, anstatt Fragen zu beantworten, kommen den Grimms Jenny und Annette von Droste-Hülshoff zur Hilfe. Ein Zitat aus einer der Geschichten, welche die Schwestern zur Märchensammlung der Grimms beigetragen hatten, war bei der Leiche gefunden worden. Bei ihrer Suche müssen sich die vier aber auch ihrer Vergangenheit stellen: Vorurteilen, Zuneigung, Liebe – und Hass, und diese Aufgabe ist nicht weniger schwierig. In einer Zeit, wo am Theater in Kassel ein Beifallsverbot erteilt wird, damit Stücke nicht politisch missbraucht werden können, Zensur und Überwachung in deutschen Fürstentümern wieder Einzug halten und von Frauen nur Unterordnung erwartet wird, sind Herz und Verstand gefragt. 


    MEINE MEINUNG:

    ZITAT SEITE 92 von Jacob Grimm : „Ich war kein sehr guter Jura-Student“, sagte er stattdessen.“Ich bin ein hervorragender Wissenschaftler der deutschen Sprache, und als solcher strebe ich nach Exzellenz, denn nur durch sie kann ich mein Bestes geben.“
    Wer kennt sie nicht! Die Märchen der Gebrüder Grimm, von ihnen gesammelt und herausgegeben als Kinder- und Jugendmärchen. Dieses im Denken und Arbeiten sich sehr ähnelnde Geschwisterpaar war aber eher auf die deutsche Sprache und ihren Ausdruck in der Literatur spezialisiert. Die Märchen waren sozusagen ein Nebenprodukt ihrer Arbeit, und dienen bei dieser fiktiven Kriminalgeschichte als interessante und bunte Aufwertung, geschickt von der Autorin dargestellt und eingeflochten.
    Zitat Seite 102: Buchzensur, dachte Jacob, war gleichzeitig die dümmste und lästigste Aufgabe, die sich für einen intelligenten Menschen denken ließ, und sagte obendrein nichts Gutes über den Staat, der sie als nötig ansah. 

    Nun zum weiblichen Geschwisterpaar des Buches. Jenny und Annette von Droste-Hülshoff. Annette ist vielleicht einigen Lesern durch die Novelle * Die Judenbuche* bekannt . Diese beiden jungen Frauen aus dem Münsterländer Adel standen in engem Kontakt zu den Grimm Brüdern und pflegten einen jahrelangen Briefaustausch , gerade auch Jenny, die für Wilhelm geschwärmt hat.

    Tanja Kinkel hat die Eigenschaften und die Denkweisen der Grimm’s  und beiden Droste-Schwestern hervorragend, anspruchsvoll und intelligent in ihrem historischen Sittengemälde der damaligen Zeit (1821) beschrieben und verpackt in die Rahmenhandlung mehrerer fiktiver Morde, die mit den Schriften und Märchen der Brüder Grimm in Zusammenhang gestellt wurden. Die Autorin hat sich in ihrer Ausdrucksweise ganz der damaligen Zeit angepasst und man taucht nach anfänglichen leichten Schwierigkeiten beim Lesen völlig in diese alte, etwas umständliche, oft in Metaphern ausgedrückte Formulierungsart ein.
    Das öffentlich und gesellschaftlich geschätzte Frauenbild war nach heutiger Sicht fürchterlich, heuchlerisch und abwertend. Die Mätressen der Fürsten wurden geduldet und öffentlich hofiert. Frauen anderer Gesellschaftsschichten  hatten sich in allen Lebensbereichen zurückzuhalten und nur dem Wohl der Familie zu dienen. 
    Hier ein Zitat passend dazu aus Seite 119:
     Das Schlimmste, was einer Frau widerfahren kann“, hatte Therese von Droste erklärt, „ist, dass sie den Ruf ihrer Familie befleckt. Das Beste, was ihr widerfahren kann,ist,dass man sie und ihr segensreiches Wirken überhaupt nicht wahrnimmt, weil es diskret und wirkungsvoll geschieht.“

    Diese männerdominierende Auffassung von der Rolle der Frau zieht sich wie ein roter Faden durch den ganzen Roman und meine Empörung darüber hat für mich fast den zu lösenden Kriminalfall überdeckt. Aber es gibt ja noch die kleine, energische Annette von Droste-Hülshoff, die sich diesem Frauenbild schon damals entgegengestellt hat. In der Familie wurde sie laufend ermahnt ob ihrer offenen, sehr intelligenten und aufsässigen mündlichen Ausdrucksweise , auch wegen ihrer Gedichte und schriftlichen Aufzeichnungen.
    Sie und Jacob, Jenny und Wilhelm haben durch ihre gemeinsamen klugen Recherchen, Überlegungen und Taten letztendlich die entscheidenden Rollen zur Auflösung der Morde gebracht.

    Dieses Buch ist kein typischer Krimi, keine Lektüre, um dabei in den Schlaf hineinzudämmern, sondern verlangt volle Aufmerksamkeit.
    Als wichtig empfand ich auch das Nachwort der Autorin, worin sie Fiktion und wahre Begebenheiten erklärt und trennt.
    Der Roman ist  auch ein Zeitzeugnis der wieder erstarkten und regierenden hessischen Kurfürsten von Kassel, nachdem Jérôme Bonaparte (1807-1813 ) das Königreich Westphalen aufgeben musste.

    Herzlichen Dank an die Autorin und den Verlag für die Bereitstellung des Buches.
    Meine Bewertung: Fünf ***** Sterne für diese anspruchsvolle und informative Lektüre.



Sonntag, 3. September 2017

*Wo drei Flüsse sich kreuzen* von Hannah Kent, erschienen im Droemer Verlag

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Hardcover, Droemer HC
01.09.2017, 432 S.
ISBN: 978-3-426-19979-4


Rezension

INHALT:  
Wir schreiben das Jahr 1825 in Irland/County Kerry.
Nóra lebt seit  dem plötzlichen  Tod ihres innig geliebten Ehemannes einsam und abgeschieden mit ihrem Enkel Micheál in ihrer einfachen, mit Reet gedeckten Kate. Micheál ist der Sohn ihrer verstorbenen Tochter Johanna, der von dem Vater des Jungen  zu den Grosseltern in Obhut gegeben wurde. Micheál ist vier Jahre alt, ungewöhnlich zart und nicht altersgemäß entwickelt. Nóra sorgt sich sehr um den Kleinen und stellt nach dem Tod ihres Ehemannes Martin die vierzehnjährige Mary Clifford als Magd ein , die sich um das Kind kümmern soll. Die abergläubische Bevölkerung des abgeschiedenen Tales ist der festen Überzeugung, dass der zurückgebliebene Junge ein Wechselbalg ist, ein sogenanntes Feenkind.
 Nóra sucht Hilfe  für das kranke Kind bei der geheimnisvollen, alten  Kräuterfrau, Heilerin und Aussenseiterin Nance Roche, die die *Gabe*besitzt  mit der Anders-Welt und dem *guten Feenvolk* Kontakt aufzunehmen.
Eine verhängnisvolle Geschichte voller Heimlichkeit, Brutalität und Missverständnissen zwischen drei Frauen und der  in alten Traditionen und Aberglauben  verhafteten Talbevölkerung nimmt nun ihren tragischen Verlauf,,,

Zitat Seite 370. 
Beschreibung von Mary:
Sie war doch nur ein Mädchen vom Moor. Ein Mädchen von binsenbewachsenem, torfigen Grund, aus dem die Erde schwarz herausquoll und auf dem man immer Gras, Staub oder Lehm unter den Füßen hatte, nie Kopfsteinpflaster oder die lackierte Oberfläche von Holz.

Zitat Seite 51
 Nór’as Schicksalsschlag:
„Dein Sohn bleibt dein Sohn , bis er heiratet, aber deine Tochter bleibt deine Tochter , bis du stirbst. Und jetzt auch noch deinen Mann zu verlieren…Gott ist wirklich grausam: Er nimmt die , die wir am meisten lieben, am ehesten zu sich.“

Zitat Seite 215
Nance Roche, die Heilerin mit der Gabe: 
Nance saß in der Dunkelheit ihrer Kate und beobachtete durch die offenstehende Tür , wie das sterbende Jahr sich dem Schnee ergab. Die Nacht senkte sich heilig, als ob die Herrlichkeit Gottes im Wechsel von Hell zu Dunkel wohnte. In ihren zerlumpten Umhang gehüllt, hörte sie die Stille laut wie eine Klosterglocke. In dieser Nacht würden sie beginnen. Mit der Heilung. Dem mysteriösem Flehen. Dem Auftrennen alter Magie.

MEINE MEINUNG:
Lange hat mich ein Buch nicht so beeindruckt wie das Obige, denn es ist eine wahre Geschichte. Das Cover versetzte mich schon beim Betrachten in eine angespannte Stimmung voll unheimlicher Vorahnungen. Der Roman ist in drei Teile aufgeteilt und jedem Kapitel wird als Titel eine Kräuterpflanze gewidmet wie zum Beispiel die Wasserschwertlilie, Nesseln , das Kreuzkraut oder auch einem Baum wie der Esche. Der Schreibstil der Autorin, den ich schon in ihrem Buch *Das Seelenhaus* genossen habe, ist total flüssig, einprägsam , voll beeindruckender , bildhafter Sätze und fantasievoll. Ihre zarten und stimmigen Naturbeschreibungen der irischen Landschaft haben in meinen Augen sogar eine poetische Nuance.  Hannah Kent hat sich intensiv mit dem irischen Volks- und Brauchtum  beschäftigt und hervorragend in alten Archiven und Bibliotheken recherchiert.  Sicher hat sie auch alte, mündliche Überlieferungen aus der heutigen Bevölkerung einfliessen lassen. Für viele Ereignisse setzt sie sogar  gälische Begriffe in kursiver Schreibweise ein. Piseógs zum Beispiel sind Flüche, schlechte Wünsche, die man auch bildlich mit Steinen und Pflanzen errichten kann. Die inneren Widersprüche und Konflikte zwischen christlich-katholischem Glauben und alten , heidnischen Bräuchen,  die in der Bevölkerung zu dieser Zeit brodelten, hat sie perfekt und glaubhaft dargestellt. Irisches Landleben der damaligen Zeit pur. 
Die Armut und Unwissenheit  der Menschen vor der grossen Hungersnot und Auswanderungswelle in Irland sind mir durch diese Lektüre  wirklich zu Herzen gegangen. Was auch gerade Frauen durch Kindbett, Schwangerschaft und Armut aushalten mussten, war unglaublich.

Der Arzt der Armen ist der Tod.
Liagh gach boicht bas

Für dieses spannende und ungewöhnliche Buch gibt es eine absolute Leseempfehlung von fünf ***** Sternen von mir.

Herzlichen Dank an die Autorin und den Droemer Verlag für dieses tolle Rezensionsexemplar.