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Mittwoch, 5. Januar 2022

*INMITTEN DER NACHT* von Rumaan Alam - erschienen im btb-verlag

 

*Werbung unbezahlt*

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Aus dem Amerikanischen von Eva Bonné

Originaltitel: Leave the World Behind

Originalverlag: Ecco

Hardcover mit Schutzumschlag, 320 Seiten, 13,5 x 21,5 cm

ISBN: 978-3-442-75928-6

Erschienen am  18. Oktober 2021

Verlagslink

Inhalt/Klappentext: Amanda und Clay wollen mit ihren beiden Kindern eine unbeschwerte Ferienwoche auf Long Island verbringen. In einem Haus am Ende der Welt, weit weg von allem. Doch mitten in der Nacht steht dort plötzlich ein älteres, schwarzes Ehepaar vor der Tür. Die beiden behaupten, das Haus gehöre ihnen. Sie berichten, dass ganz New York im Dunkeln liege, das Leben an der Ostküste komplett lahmgelegt sei. Hier draußen jedoch, an diesem abgeschiedenen Ort, ohne Internet, Handy- oder Fernsehempfang, wissen Amanda und Clay nicht, was sie davon halten sollen. Können sie den beiden trauen?

Rumaan Alam gilt als »eine der großen literarischen Hoffnungen« (Buchreport). »Inmitten der Nacht« ist sein dritter Roman. Der New-York-Times-Bestseller wird in den USA gefeiert und zählt zu den Finalisten des National Book Award 2020. Rumaan Alam schreibt u.a. für The New York Times, The New Yorker und The New Republic. Er unterrichtet an der Columbia University und lebt mit seiner Familie in Brooklyn.

Mein Leseeindruck: Dieses sehr in versteckten dystopischen Andeutungen und Gegebenheiten verfasste Buch hat mich gefesselt und während der über dreihundert Seiten  Lesezeit nicht mehr losgelassen. Es beginnt relativ harmlos und schön mit dem Porträt einer  weissen amerikanischen Durchschnittsfamilie, die in einem luxuriösem, aber abgelegenen Ferienhaus einen Urlaub verbringen möchte. Pubertierende Kinder spielen eine tragende Rolle und natürlich das urlaubsmässige , lockere und entspannte Verhalten der Eltern! 

Der Autor hat einen spannungsgeladenen Erzählstil und verfügt über die Gabe Banalitäten des Zusammenlebens einer Familie dicht an den Leser*in heranzutragen! Geschickt hat er es geschafft dem Leser*in immer mehr Informationen über die allgemeine Lage im Land und auf dem Globus  zu geben als den Protagonisten im Buch.

Durch einen nächtlichen Zwischenfall gerät das harmonische Familienleben in eine Schräglage. Ein farbiges, älteres Ehepaar klingelt inmitten der Nacht und behauptet , dass ihr das Ferienhaus gehören würde und dass sie wegen der chaotischen Zustände in der Grossstadt New York hier Zuflucht suchen möchten. Die Familie ist geschockt verunsichert, ängstlich. Sie glaubt an kriminelle Handlungsabsichten des Ehepaares. Merkwürdige äussere Umwelterscheinungen wie ungewöhnliche Tieransammlungen,  Veränderungen der Hausstatik und der  Sommer-Temperaturen bieten der zufällig  zusammengewürfelten Gemeinschaft viel Gesprächs- und Diskussionsstoff......

Meine Bewertung: FÜNF ***** Sterne für diesen hochbrisanten und aktuellen Psychothriller!

Herzlichen Dank an den Autor und die Penguin Random House Verlagsgruppe für die Zusendung des Rezensionsexemplars! 

Donnerstag, 1. Juli 2021

*Die Töchter des Nordens* von Sarah Hall - erschienen im Penguin Verlag

 

*Werbung, unbezahlt*

DEUTSCHE ERSTAUSGABE

Aus dem Englischen von Sophia Lindsey

Originaltitel: The Carhullan Army

Originalverlag: Faber & Faber

Hardcover mit Schutzumschlag, 256 Seiten, 13,5 x 21,5 cm

ISBN: 978-3-328-60101-2

Erschienen am  13. April 2021

Verlagslink

Inhalt/Klappentext: England, in einer unbestimmten Zukunft: Umweltkatastrophen und Wirtschaftskrisen haben das alte politische System hinweggefegt. Diktatorisch regiert, leben die Menschen in städtischen Zentren, die Einwohnerinnen dürfen nur in Ausnahmefällen Kinder bekommen. Eine junge Frau, die sich »Schwester« nennt, entflieht den Kontrollen und schließt sich einer legendären Gruppe weiblicher Abtrünniger an, die in den Bergen des Lake District eine einsame Farm bewirtschaften. Unter Führung der charismatischen Jackie hat sich die Gemeinschaft immer stärker radikalisiert. Gewalt und militärischer Drill bestimmen inzwischen den Ton. Auch Schwester scheint bereit, Jackies Kampf gegen das verhasste System mitzutragen. Als Jackie den Krieg ausruft, muss sie sich entscheiden… Mitreißend und psychologisch eindrucksvoll schildert Sarah Hall die Kraft weiblicher Rebellion. »Ein prophetischer, futuristischer Roman in der Tradition von H.G. Wells, Margaret Atwood und Will Self« The Independent

Sarah Hall, 1974 in Cumbria geboren, studierte Literatur an der schottischen Universität St. Andrews. Sie hat Romane und Storys veröffentlicht, die mit bedeutenden Preisen und Stipendien ausgezeichnet und von der Kritik bejubelt wurden. Feministische Themen und intensive Naturbeschreibungen verbinden sich in ihrem Werk, das in zwölf Sprachen übersetzt ist, auf überraschende, ungewohnte Weise. Zuletzt erschien 2016 ihr Roman »Bei den Wölfen«. Sarah Hall lebt mit ihrer Familie in Norfolk.

Mein Leseeindruck: Klimaveränderungen,  ein wirtschaftlicher Zusammenbruch und  unfähige, diktatorische Regierungsmassnahmen  machen den Engländern das Leben zur Hölle. Es gibt keine Autos mehr, nur notdürftige Lebensmittellieferungen sowie keine Infrastrukturen, da nur allernötigste Energieressourcen bedient werden können.  Ein Kinderwunsch wird nur einigen wenigen Menschen erlaubt. Eine junge Frau, im ganzen Roman durchgängig *SCHWESTER* genannt, rebelliert gegen dieses unerträgliche Leben, trennt sich von ihrem Ehemann und begibt sich auf eine Flucht in abgelegene Berge. Sie möchte sich einer Community von unabhängigen Frauen anschliessen, von deren Gemeinschaft sie schon in ihrer Kindheit gehört hat. 

Atemlos und mit beunruhigenden Gedanken, dass auch diese Zusammenbrüche einer Gesellschaft unsere nahe Zukunft sein könnte, bin ich der Autorin in ihrem aufregendem Roman gefolgt. Das Buch liest sich spannend, laufend geschehen unerwartete Dinge und nur die wundervoll poetisch  beschriebenen, einsamen Landschaftsbilder gewähren dem Leser etwas Beruhigung und vermitteln herrliche Kopfbilder von Schönheit und Einsamkeit der Natur. 

Die romantischen Vorstellungen über die Frauen-Community wurden *SCHWESTER* schnell genommen. Verzicht auf materielle Annehmlichkeiten, brutale Handlungsweisen innerhalb der Gruppe, sowie Zank und Eifersüchteleien zwischen den Frauen waren die Normalität. Die *Schwester* gerät unter den Einfluss von Jackie, der dominanten Anführerin der Community und verändert sich körperlich und seelisch. Sie wird eine Kämpferin für die Gerechtigkeit und möchte die ungerechten Regierungsstrukturen beeinflussen und das Los der Bevölkerung verbessern. 

 Ob dieses den Frauen teilweise gelingt, wird im letzten Drittel des Buches sehr schnell und oberflächlich abgehandelt, hat mich enttäuscht und mir sogar die Spannung genommen, da alle Handlungen sehr vorhersehbar wurden. Zum Glück, denn das Ende dieser Geschichte einer dystopischen Gesellschaft hat mir auch gar nicht gefallen, da es keine annehmbare Lösung zur Behebung von Missständen anbietet.


Meine Bewertung: DREI *** Sterne für dieses gute Buch, welches ein unbefriedigendes und beklemmendes  Gefühl beim Leser hinterlässt. 


Danke an die Autorin und die Verlagsgruppe für die Zusendung des gebundenen Rezensionsexemplar ! 

Mittwoch, 28. Oktober 2020

*Malé* von Roman Ehrlich, erschienen im S.Fischer Verlag

*Werbung, unbezahlt*

Verlagslink

Inhalt/Klappentext:

Longlist - nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020


Alle Versuche, die Malediven vor dem steigenden Meeresspiegel zu retten, sind gescheitert, Pauschaltouristen haben sich neue Ziele gesucht, und der Großteil der Bevölkerung musste die Inseln verlassen. Gleichzeitig ist die heruntergekommene Hauptstadt Malé zum Ziel all jener geworden, die nach einer Alternative zum Leben in den gentrifizierten Städten des Westens suchen. Und so wird die Insel für die kurze Zeit bis zu ihrem Untergang zur Projektionsfläche für Aussteigerinnen, Abenteurer und Utopistinnen, zu einem Ort zwischen Euphorie und Albtraum, in dem neue Formen der Solidarität erprobt werden und Menschen unauffindbar verschwinden. Mit »Malé« fängt Roman Ehrlich die komplexe Stimmungslage unserer Zeit ein und verwebt die Geschichten rund um die Sehnsüchte und das Scheitern seiner Figuren zu einem Abbild all der Widersprüche, die das Leben zu Beginn des 21. Jahrhunderts ausmachen.

Roman Ehrlich, geboren 1983 in Aichach, aufgewachsen in Neuburg an der Donau, studierte am Deutschen Literaturinstitut Leipzig und an der Freien Universität Berlin. Bislang sind von ihm die Bücher ›Das kalte Jahr‹ (2013), ›Urwaldgäste‹ (2014), ›Das Theater des Krieges‹ (2017, mit Michael Disqué) und ›Die fürchterlichen Tage des schrecklichen Grauens‹ (2017) erschienen. 


Literaturpreise:


Bremer Literaturpreis (Förderpreis) 2014

Robert Walser-Preis 2014

Ernst Toller-Preis 2016

Alfred Döblin-Medaille 2017



Meine Meinung: Die katastrophale Stimmung - und Umweltlage unserer Zeit hat der Autor voll und ganz dem Leser vermittelt.  Verwirrung, Langeweile, Unmöglichkeiten, Katastrophen und Gewalt wurden vom Autor beschrieben. Ich war  tatsächlich zu Beginn verwirrt, habe ungeduldig einen roten Faden gesucht in diesem Roman und musste mich erst an den aussergewöhnlich anspruchsvollen Schreibstil gewöhnen. Personen tauchen unvermittelt  auf , verschwinden plötzlich. Ich habe keinen wirklichen Zusammenhang gefunden zwischen diesen vielen Protagonisten - ausser kleinen und grossen Katastrophen.  Es gelang  mir nicht vollends auf folgenden ca. zweihundertfünfundachtzig  Seiten  aufmerksam zu folgen und ich muss gestehen, dieses Buch hat mich etwas enttäuscht. Titel und Cover hatten mich überzeugt, machten neugierig auf den geheimnisvollen Ort. Der intellektuelle Schreibstil hat mir imponiert und doch ist eine Lesebegeisterung nicht zu mir übergesprungen. Die langen verschachtelten Sätze ermüden beim Lesen, vermitteln aber jeweils ganz oft eine trostlose Atmosphäre. Da sind Bilder von Menschen, die sich durch hüfthohes Wasser  kämpfen. Sie müssten ja eigentlich Mitleid und Aufregung beim Leser erzeugen, wie auch ein gefesselter, ertrinkender Mensch zu Beginn der Lektüre. Dem war aber nicht so. Ich hatte das Gefühl von oben emotionslos auf Ereignisse zu blicken. Das hat mich verunsichert, erschreckt, meinem Lesefluss überhaupt nicht gut getan. Diese Endzeitstimmung einer untergehenden Welt hat mich total kalt gelassen und keine Emotionen bei mir herausgekitztelt.  Und das kann ich immer noch nicht wirklich glauben. Wie hat der Autor das geschafft? Ist dieses Buch doch grosse Literatur und/oder Lese-Unvermögen meinerseits? Ich habe mich durch das Buch gekämpft und war froh, dass ich bis zur letzten Seite durchgehalten habe. 

Meine Bewertung: DREI *** Sterne für ein gutes Buch, welches mich aber nicht begeistern konnte. 

Herzlichen Dank an den Autor und den Verlag für die Bereitstellung des Rezensionsexemplar. 

 

Mittwoch, 10. Juni 2020

*Emily Eternal* von M.G. Wheaton, erschienen bei Heyne

*Werbung, unbezahlt. Rezensionsexemplar*

Verlagsinfo

DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Aus dem Amerikanischen von Charlotte Lungstrass-Kapfer
Originaltitel: Emily Eternal
Originalverlag: Grand Central Publishing
Paperback , Broschur, 384 Seiten, 13,5 x 20,6 cm
ISBN: 978-3-453-31996-7
Erschienen am  11. Mai 2020

Inhalt / Klappentext: Emily ist eine KI. Sie wurde designt und programmiert, um den Menschen in allen Lebenslagen zu helfen. Und obwohl das eigentlich gar nicht möglich sein sollte, liebt Emily die Menschen. Aber als die Sonne zu erlöschen droht, hat auch sie kein Programm, um das zu verhindern. Dennoch fasst sie einen Plan, um die Welt zu retten. Doch nicht jeder glaubt an ihre guten Absichten, und so wird Emilys Liebe zu den Menschen auf eine harte Probe gestellt ...

M. G. Wheaton wurde in Texas geboren und arbeitete zunächst in der IT-Branche, bevor er sich als freischaffender Journalist und Autor selbstständig machte. Seine Artikel erschienen unter anderem im »Hollywood Reporter«, im »SFX Magazine« und in der Zeitschrift »Total Film«. Er schreibt außerdem Drehbücher und plottet Videospiele. M. G. Wheaton ist verheiratet und lebt mit seiner Familie in Los Angeles.


Mein Leseeindruck:

Bücher aus dem Sci-Fi Genre lese ich relativ selten und bin zu Beginn recht schnell und begeistert durch das Buch geflogen. Das interessant gestaltete Cover mit dem ebenmässigen Gesicht und den ungewöhnlichen Augen hatte mich sehr angezogen und beeindruckt. Der flüssige und angenehme Schreibstil des Autors überraschte mich und hat mir Spass gemacht. Allerdings haben mich zu viele technische Beschreibungen und Ausführungen am Ende des Romans teilweise gelangweilt und die Freude am Lesen etwas eingeschränkt. Das Buch erschien mir dadurch auch etwas zu sehr in die Länge gezogen. Das war schade und ich blieb etwas enttäuscht zum Ende der Lektüre zurück. 


Der programmierten,  künstlichen Intelligenz  Emily wurden sehr viele menschlich anmutende Bewusstseinszüge mitgegeben und das hat sie sehr sympathisch gemacht. Emily hat die Menschheit freundlich betrachtet und ihr Vorhaben die Bevölkerung vor dem anstehenden Weltuntergang zu retten, wurde vom Autor mit Leidenschaft und sehr grossmütig dargestellt. Ihre kleine Erschaffungsgeschichte und Beziehung zu Nathan ihrem Programmierer , sowie zu ihrem geliebten und von ihr umschwärmten Jason wurde mitfühlend erzählt und hat mein Herz berührt. Auch der umgebende Freundeskreis und deren unterschiedliche Beziehungen zur menschlich auftretenden Emily hat der Autor gut herausgearbeitet.  Ich hatte beim Lesen aber oft das Gefühl , dass das eigentliche Problem des Buches, die erlöschende Sonne als Gefahr und Bedrohung für die Erde und ihre Bevölkerung, nicht ausdrücklich genug vom Autor in den Vordergrund gestellt wurde. Das Entsetzen der Menschen hielt sich in Grenzen, sie haben ihr Schicksal ruhig hingenommen. Nur Emily hat unermüdlich an einer Lösung gearbeitet. Dank ihres Vermögens sich in die Gedanken und Gefühle jedes Menschen  voll  hinein zu versetzen und sie in ihren Handlungen zu lenken , erschien sie mir menschlicher und verständnisvoller als ihr Programmierer, die Freunde und der Rest der Weltpopulation. Diese Darstellung ist dem Autor recht gut gelungen. 

Insgesamt habe ich mich gut unterhalten gefühlt und gebe dem Buch gern DREI gute *** STERNE. 

Vielen Dank an den Autor und den Verlag für das Rezensionsexemplar ! 

Mittwoch, 22. August 2018

*Anna* von Niccolò Ammaniti, erschienen bei Julia Eisele Verlags GmbH

*Werbung*


REZENSION

Inhalt /Klappentext:

Vier Jahre ist es her, dass der Virus kam und alle Erwachsenen tötete. Mittlerweile gibt es keine Elektrizität mehr, die Wasser- und Lebensmittelvorräte gehen zu Ende. Brände haben gewütet und von einem einst blühenden Sizilien eine gespenstische Wüstenlandschaft hinterlassen. In dieser Welt lebt die dreizehnjährige Anna mit ihrem kleinen Bruder in einem Haus im Wald und versucht mit allen Mitteln, ihn vor den Gefahren des Lebens draußen zu bewahren. Doch Anna weiß: Früher oder später muss sie mit ihrem Bruder ihre alte Welt verlassen, um woanders eine neue zu finden. 

Meine Meinung:
Was für ein hübscher Titel-Name für eine gar nicht hübsche Dystopie! Das gebundene Buch mit dem ansprechenden Cover und dem roten Lesebändchen war kaum bei mir angekommen und ich konnte es nicht mehr aus der Hand legen, habe es praktisch in einem Rutsch verschlungen. *Verschlungen* , dieses rohe und drohende Wort passt perfekt zu diesem Roman eines Weltunterganges. Der Autor erzählt fesselnd, erzeugt entsetzliche Kopfbilder durch eine abgeklärte und spannende Schreibweise. Eine Katastrophe wird von der nächsten abgelöst. Man glaubt auf jeder Seite fassungslos, dass es nun doch gar keine Steigerung von Entsetzen, Gewalt, Hilflosigkeit, Hunger, Not und Einsamkeit geben könne. Doch es geht immer weiter. Anna und ihr kleiner Bruder Astor leben zu Beginn in einem relativ geschützten Raum auf *Gut Maulbeerbaum*. Für die beiden verlorenen Kinder ist die *Zeit des Lichts *, wie Anna es nennt, untergegangen. Nichts in ihrem Leben ist mehr so, wie sie es kannten. Und doch machen sie hin und wieder gute Erfahrungen, gewinnen einen treuen, tierischen Gefährten und Anna tauscht ihre Kindheit gegen die Verantwortung und Sorge für ihren kleinen Bruder ein, den sie liebt und beschützt.

Die apokalyptischen Beschreibungen des Autors von brennenden , zerstörten Landschaften erzeugten Ängste in mir, Zweifel an unserem westlichen Lebensstil, der so total abhängig von Technik und Energie ist. Diese Kinder werden in ein Leben zurückgeworfen, in dem die Suche nach Überlebensmöglichkeiten zum Kernpunkt ihres Daseins wird. 
Aber sie sind kleine, zwar noch unfertige Kinder, handeln oft instinktiv menschlich, kreativ, liebevoll, manchmal auch grausam und gleichgültig gegenüber anderen Lebewesen. Ein Selbstschutz, dem sie instinktiv folgen. 
Diese Organisation von  Kinderbanden, ihren Gesetzen, die der Autor beklemmend beschreibt, hat mich tatsächlich ein wenig an *Herr der Fliegen* von William Golding erinnert. Aber *Anna* liegt viel näher an einer möglichen Realität , die der Menschheit das Fürchten lehren könnte. *Die Rote, das Virus* , könnte ja durch viele andere Katastrophen, die die Menschheit auslöschen  würde, ersetzt werden. Das ging mir  beim Lesen immer wieder durch den Kopf. Sei es ein weltweiter Atomschlag, oder auch eine Naturkatastrophe. 

Ein interessantes Buch, das vom extremen menschlichem  Überlebenswillen berichtet, von Mut, Tapferkeit und auch Liebe. Von der Gefahr einer Verrohung durch das Machtstreben einzelner Gruppen, das Durchsetzen von den Grundstrukturen einer Diktatur.

Meine Bewertung: Fünf ***** Sterne für ein grossartiges, aber auch schockierendes Buch, welches uns das Fürchten nahe bringt. 

Herzlichen Dank an den Autor und den Verlag für die schnelle Zusendung des Rezensionsexemplares!



Donnerstag, 1. März 2018

*Memory Wall* von Anthony Doerr, erschienen im btb Verlag

  • Erscheinungsdatum Erstausgabe :10.02.2016
  • Aktuelle Ausgabe : 12.02.2018
  • Verlag : btb
  • ISBN: 9783442715541
  • Flexibler Einband 144 Seiten
  • Sprache: Deutsch
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Rezension

INHALT/KLAPPENTEXT:
Unser Leben, unsere Welt werden durch unsere Erinnerungen zusammengehalten. Was geschieht mit uns, wenn wir sie verlieren, und welche Möglichkeiten tun sich auf, wenn andere unsere Erinnerungen wiederbeleben können? Der 74-jährigen Alma Konachek, die in einem Vorort von Kapstadt lebt, widerfährt genau dies. Sie verliert ihr Gedächtnis ...

Wie alle Werke Doerrs zeugt auch dieses von der Größe des Lebens – von der geheimnisvollen Schönheit der Fossilien, Wolken, Blätter – von dem atemberaubenden Glück, in diesem Universum zu leben. Die Vorstellungskraft und Sprachmacht, das Einfühlungsvermögen und die Erzählkunst Anthony Doerrs sind unvergleichlich.

MEINE MEINUNG:

Zitat Seite 93: " Was vor vier Jahren geschehen ist, hat er vor zwanzig Minuten erlebt. Das Leben einer alten Frau wird zum Leben eines jungen Mannes. Der Erinnerungsbeobachter wird zum Erinnerungsbewahrer."
Dieser Satz ist bezeichnend für diesen Roman, der  so ganz anders ist. Der Autor führt den Leser mit einem sehr sensiblen Einfühlungsvermögen in die Welt des Vergessens, der Erinnerungen, der eine Altersdemenz zugrunde liegt.

Ich hatte beim Beginn des Lesen nicht  mit einem so unheimlich spannend geschriebenen Buch gerechnet.  *Novelle* steht harmlos und klein auf dem Cover.  In meinen Augen ist dieser Roman  ein echter  Spannungs-Thriller und eine Dystopie, die uns das Fürchten lehren kann vor einer Wissenschaft, der wir vielleicht  sogar bald in unserer Zukunft begegnen könnten. Der Schreibstil des Autors liest sich absolut flüssig, leicht und beschwingt, vermittelt sofort  Atmosphäre und wirkt sehr authentisch mit seinen Protagonisten. 
Auf einhundertvierundvierzig Seiten bin ich atemlos an der Seite von Alma, Pheko und Luvo nach Kapstadt, auf den Tafelberg und zu  seinen alten, kurz unter der Erdoberfläche liegenden Fossilien geflogen. Die Atmosphäre und die Armut der Menschen in den Township werden ebenso bewegend und bunt  geschildert wie das Leben der reichen  *weissen* Bevölkerung in ihren abgeschotteten Stadtteilen. 
In einer Gedächtnisklinik setzen Wissenschaftler mit Gumminoppen verschlossene Ports (Eingänge) in die Schädel wohlhabender , alter Menschen und durch sogenannte Stimulatoren werden gespeicherte Erinnerungen abgesaugt , den Alten wie ein Film wieder und wieder vorgespielt und  auf Kassetten konserviert.   Menschliches Suchtverhalten nach dem Leben der Vergangenheit ist vorprogrammiert . Das klingt für mich sehr gruselig oder seid ihr da anderer Meinung? 
Wenn Wissenschaftler etwas Neues erfinden oder ausprobieren , sind  Missbrauch und/oder Kriminalität nicht weit entfernt. Und doch gewinnen das Leben, das Gute, der Zufall in dieser Geschichte. Sie ist spannend , fordernd, provozierend  - gleichzeitig auch von der Weisheit des Alters und einem gelebten Leben geprägt.
Alma's Lebenserinnerungen, gestohlen und verkauft! Oder bieten sich durch experimentelle Forschungen die einmalige Chance menschliche , ganz persönliche Erinnerungen für die Nachwelt zu konservieren und durch diese Erkentnisse  Altersdemenz zu heilen? 
Diese Frage beschäftigt mich  - was wird möglich sein in naher Zukunft?

Ein echtes Überraschungsbuch, welches mir einen unglaublich spannenden Lesetag geschenkt hat. 
Vielen Dank an den Autor und den btb Verlag für dieses aufregende Rezensionsexemplar!

Meine Bewertung: FÜNF ***** grossartige Sterne!





Sonntag, 10. Dezember 2017

*Leere Herzen* von Juli Zeh, erschienen im Luchterhand Verlag


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Buchdetails

  • Erscheinungsdatum Erstausgabe :13.11.2017
  • Aktuelle Ausgabe : 13.11.2017
  • Verlag : Luchterhand
  • ISBN: 9783630875231
  • Fester Einband 320 Seiten
  • Sprache: Deutsch


REZENSION

INHALT: 
Britta Söldner führt mit ihrem Freund und Geschäftspartner Babak in Braunschweig eine psychotherapeutische Heilpraxis namens *Die Brücke* , die darauf spezialisiert ist selbstmordgefährdete Patienten aus dem Internet zu fischen, zu begleiten und bietet Hilfe an. Wenn die Patienten verschiedene Therapien durchlaufen haben und von ihrer Selbstmordabsicht nicht abzubringen sind , vermittelt *Die Brücke* mehr oder weniger illegal diese Patienten an unterschiedliche Terror Organisationen weiter,,,,

MEINE MEINUNG: Schon beim Schreiben dieser kleinen, obigen  Inhaltsangabe stellen sich mir wieder die Haare zu Berge. Juli Zeh hat einen dystopisch angehauchten, gesellschaftskritischen Thriller geschrieben , der den Leser fesselt, bestürzt und vom Thema hoffentlich nicht unsere Zukunft sein wird. Ich war ein wenig überrascht von ihrem  Schreibstil, der nicht unbedingt an die Genialität ihrer vorigen Werke erinnert, sondern eher an eine *Normale Thriller Autorin*. Aber genau diese Möglichkeit verschiedene Facetten des Schreibens aufzuzeigen, zeichnet eine grosse Schriftstellerin aus. Man fliegt durch diese  spannende Geschichte , genießt viele Metaphern, wie zum Beispiel den Namen Britta SÖLDNER, eine Söldnerin der neuen Zeit in naher Zukunft, die von Informations Monitoren an den  Verkehrsampeln geprägt ist, von der BBB ( besorgte - Bürger-Bewegung ) , einem Überwachungsstaat mit heimlichem, schrittweisen Abbau der Demokratie. Es gibt viel Privatleben in dieser fiktiven Gesellschaft, politisches Desinteresse der Bevölkerung und Kinder versinken in einer Welt von Baller-Spielen.  Sie fügt geschickt Politiker wie Trump und Merkel beiläufig in ihren Roman ein und gibt ihm damit eine aktuelle Note. 

Mein Fazit über die Botschaft der Autorin  dieser Geschichte , welches ich erlesen habe  und  das von  Juli Zeh ein  wenig zu offensichtlich und mit leichtem Vorwurf in die Buchwelt geschickt wird:
Geht bitte wählen, schützt Eure Demokratie , sonst kann Euch ein ähnliches Geschehen wie im Buch drohen. 
Meine Bewertung: FÜNF *****STERNE .

Herzlichen Dank an die Autorin und die Random House Group für dieses Rezensionsexemplar!



Freitag, 9. Juni 2017

*Vom Ende An* von Megan Hunter, erschienen im C.H.Beck Verlag

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Buchdetails

  • Erscheinungsdatum Erstausgabe :18.05.2017
  • Aktuelle Ausgabe : 18.05.2017
  • Verlag : Beck, C H
  • ISBN: 9783406705076
  • Fester Einband 157 Seiten
  • Sprache: Deutsch

REZENSION

INHALT:
Eine Frau entbindet einen kleinen Jungen. Er wird Z genannt. Ehemann R bringt die junge Familie vor einer grossen Flut, verursacht durch eine Klimaveränderung, die auch London zu verschlingen droht, in Sicherheit zu seinen Eltern auf das Land. Doch es ist eine trügerische Sicherheit. Die Flutkatastrophe nimmt ungeahnte Ausmasse an. Die Grosseltern verschwinden, R verlässt die junge Mutter um Hilfe zu holen, die Familie verliert sich, die Nahrungsvorräte schmelzen dahin. Aber die junge Frau sieht nur eines - die Liebe zu ihrem neugeborenen Kind - diese Liebe trägt sie weiter durch alle Widrigkeiten der äusseren Lebens-Umstände,,,,

Zitat Seite 11 : Als Kind glaubte ich, ich wäre für unsere Zeit geschaffen worden. Die Endzeit. Die Flutzeit.

MEINE MEINUNG:
Ein außergewöhnliches Buch, als gebundene Ausgabe mit nur 157 Seiten vom C.H.Beck Verlag , hat mich erreicht. Versehen mit einem schönen blau glitzerndem Umschlag, der geschickt den Schrecken einer archaischen Flut verbirgt.
Es ist der  Debütroman der jungen Schriftstellerin Megan Hunter.
Sie lässt diesen Roman aus der Ich-Perspektive einer Mutter erzählen. Kurze, meist nur drei bis vier knappe, prägnante  Sätze machen das Lesen einfach, der Inhalt bleibt allerdings bedeutungsschwer im Kopf haften. Diese Worte haben es in sich. Die verschiedenen Abschnitte aus den aussagekräftigen Sätzen auf jeder Seite werden durch Sternchen auseinandergehalten. Platz für eigene Gedanken und Vorstellungen entstehen so spielerisch. Langsames und sorgfältiges Lesen steigert das Vergnügen an dieser Sprache. Sie ist lyrisch angehaucht , verbirgt Schrecken ebenso wie Schönheit und offenbart sich erst beim genauen Hinschauen. Dass eine Mutter diese Naturkatastrophe  so gelassen hinnimmt, erklärt sich nur durch die enge Versunkenheit beim Stillen und Bewundern ihres Neugeborenen. Diese enge Bindung darzustellen, war meines Erachtens das Hauptanliegen der Autorin. Nichts kann diese menschliche Regung erschüttern. Auch keine noch so erschreckende globale Naturkatastrophe. Panik, Chaos und Leid bleiben  diskret irgendwie im Hintergrund. Wir begleiten Mutter, Kind - auch der Vater wird wiedergefunden, bis zum ersten eigenen Schritt von Baby Z , durch Aufenthalte in verschiedenen Unterkünften, wie Autos, Inseln, Flüchtlingsunterkünften. Die Beziehungen von Mutter und Kind zu anderen Menschen werden eindrucksvoll geschildert und sind von Hilfsbereitschaft und Liebe gezeichnet.  
Die Autorin beendet das Buch hoffnungsvoll, die Zukunft für den zweiten Schritt vom Menschenwesen und Kleinkind  Z liegen allerdings in weisser, ungewisser Zukunft ohne Zeichen. Die Fantasie des Lesers arbeitet nach dieser eindrucksvollen Lektüre sicher weiter,,,,,

Meine Bewertung: Fünf ***** Sterne für ein grossartiges Buch!

Herzlichen Dank an die Autorin und  den C.H.Beck Verlag für das gebundene Rezensionsexemplar.



  

Mittwoch, 7. Juni 2017

* Das Herz kommt zuletzt* von Margaret Atwood, erschienen im Berlin Verlag

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Buchdetails

  • Erscheinungsdatum Erstausgabe :03.04.2017
  • Aktuelle Ausgabe : 03.04.2017
  • Verlag : Berlin Verlag
  • ISBN: 9783827013354
  • Fester Einband 400 Seiten
  • Sprache: Deutsch

Rezension



INHALT:
Ein junges Ehepaar in Amerika hat ALLES verloren. Stan und Charmaine sind ohne Job, ohne Wohnung, sie leben von der Hand in den Mund in einem Auto, sind laufend auf der Flucht, da die gesellschaftlichen Zustände einer Katastrophe ähneln. Der grösste Teil der arbeits- und wohnungslosen  Bevölkerung hat sich in Banden organisiert und jeder begibt sich auf Raubzug um zu überleben. Gewalt, Verbrechen und unglaubliche Armut machen das Leben zur Hölle.
Doch es zeigt sich ein Ausweg aus dieser schrecklichen Situation an. 
Die beiden bekommen ein Angebot , bei einem *sozialen Experiment*, dem  sogenannten Positron-Projekt ( gesponsert von privaten Investoren) mitzumachen. Sie würden abgeschieden, geschützt , eher gefangen,  in der Stadt Consilience mit Job, Haus und allen verlorenen Annehmlichkeiten des Lebens  wohnen dürfen. Danach folgt ein vierwöchiger Aufenthalt in einem modernen, sehr gut geführtem Gefängnis namens Positron. Ein  turnusmässiger, vierwöchiger  Wechsel von Freiheit und und Gefängnis-Aufenthalt wird ihren Lebensrhythmus bestimmen. 
Eine interessante kleine Nebensächlichkeit kommt hinzu. Ein anderes Ehepaar wird ihr Haus auch bewohnen dürfen und alle wechseln sich mit dem Status eines *Freien* und  eines*Gefangenen* ab. Zwei Bedingungen müssen sie noch erfüllen.  Sie werden Consilience nie wieder verlassen und  die beiden Ehepaare werden sich nie begegnen dürfen,,,,,

MEINE MEINUNG: 
Diese unheimliche  Dystopie von der berühmten kanadischen Autorin Margaret Atwood  hat mir unglaubliches Unbehagen verursacht und gleichzeitig  ein sehr aufregendes  und spannendes Lesevergnügen.Das Buch hat mich total gefesselt und ich konnte es zwei Tage nicht aus der Hand legen. Es war mein erstes Buch von ihr und ich bin von ihrem brillantem  und unvergleichlichem Schreibstil total begeistert. Die Charaktere der Protagonisten sind sehr sorgfältig und einprägsam gezeichnet. Diesen Untergang der uns bekannten Welt  hat sie im Roman mit einer bitterbösen Sexkomödie, den menschlichen Haupt-Begierden wie hemmungsloser Kampf um Nahrung,  Sicherheit und das Streben nach Macht und Anerkennung ausgestattet. 
Ich habe beim Lesen das dumpfe Gefühl empfunden, dass dieses furchtbare Zukunftsszenario gar nicht so weit von uns entfernt ist. Es geht auch um Kontrolle durch Behörden , ihre Vertreter , und um Autoritätsgläubigkeit, absoluten Gehorsam und auch die Erfindungsgabe des Menschen all dieses auf intelligente Art und Weise zu umgehen und auszuschalten.. Die beiden Hauptprotagonisten Stan und Charmaine haben mit ihren Handlungen und vor allen Dingen moralischen Verfehlungen nicht immer meine Zustimmung gefunden. Ich war oft entsetzt und total sauer auf Stan und Charmaine . Margaret Atwood hat alle Personen des Buches  sehr klug und mit viel Menschenkenntnis um ihre Schwächen dargestellt. 
Dieser Roman hat mich aufgeschreckt, fasziniert, verstört und zum Nachdenken über vieles aus unserer technisierten Gesellschaft und Welt gebracht. 

Das Schlimme, dieses Buch ist kein spannender Krimi, kein Thriller aus der Feder eines Phantasten , sondern womöglich ein Teil unserer Zukunft - nur in überzogener Darstellung einer Dystopie. 
Dieses Buch rüttelt den Leser wach, unsere Mediengläubigkeit  und die Hoffnung auf unendlichen technischen Fortschritt werden in Frage gestellt. 

Herzlichen Dank an die Autorin und den Berlin Verlag bei Piper für dieses fesselnde und herausragende Rezensionsexemplar.
Meine Bewertung : FÜNF ***** STERNE 

 Mehr Infos : https://www.piper.de/verlag/berlin-verlag-hardcover