Samstag, 21. Juli 2018

*Die Charité* von Ulrike Schweikert, erschienen bei Rowohlt Polaris

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Seitenzahl: 496
rororo
ISBN: 978-3-499-27451-0
Erscheinugsdatum: 26.06.2018

Rezension

Inhalt/Klappentext:

Sternstunden der Medizin
Berlin, 1831. Seit Wochen geht die Angst um, die Cholera könne Deutschland erreichen – und als auf einem Spreekahn ein Schiffer unter grauenvollen Schmerzen stirbt, nimmt das Schicksal seinen Lauf. In der Charité versuchen Professor Dieffenbach und seine Kollegen fieberhaft, Überträger und Heilmittel auszumachen: ein Wettlauf gegen die Zeit. Während die Ärzte um das Überleben von Tausenden kämpfen, führen drei Frauen ihren ganz persönlichen Kampf: Gräfin Ludovica, gefangen in der Ehe mit einem Hypochonder, findet Trost und Kraft in den Gesprächen mit Arzt Dieffenbach. Hebamme Martha versucht, ihrem Sohn eine bessere Zukunft zu bieten, und verdingt sich im Totenhaus der Charité. Die junge Pflegerin Elisabeth entdeckt die Liebe zur Medizin und - verbotenerweise - zu einem jungen Arzt ...
Die Charité - Geschichten von Leben und Tod, von Hoffnung und Schicksal im wohl berühmtesten Krankenhaus Deutschlands.

Meine Meinung: Die Autorin hat dem Leser mit diesem grandiosen Buch ein wertvolles Stück Medizingeschichte, aufbereitet für den Laien, mit fiktionalen, warmherzigen und sehr sorgfältig ausgestatteten Charakteren geschenkt. Ihr Schreibstil lässt sich angenehm  und flüssig lesen. Er hätte vielleicht in der Wortwahl und Ausdrucksweise der damaligen Zeit etwas mehr angepasst werden können, aber das ist kein wirklicher Kritikpunkt am Buch.  Die Autorin hat reale Persönlichkeiten , wie die des Dr. Dieffenbach gekonnt mit erzählerischer Bravour in diesen Roman eingebunden. Wir erfahren sehr viel über die damaligen Organisationsstrukturen einer Klinik und die mangelnde ärztliche Versorgung der Bevölkerung. Die sehr gute, historische Recherche der Autorin wird perfekt zum Leser transportiert und ist absolut glaubwürdig. 


Die Liebe, aufgezeigt zwischen Arzt und Fachpersonal spielt eine tragende Rolle in diesem ca. fünfhundert Seiten langem Roman und sorgt für viele Probleme.  
Elisabeth, eine junge Wärterin ( so wurden die Hilfskräfte in den Kliniken damals genannt) beginnt eine Ausbildung in der Charité und erobert durch ihre Freundlichkeit , Fleiss und Fachwissen die Anerkennung der Patienten, Ärzte und auch die Sympathie des Lesers. 
Auch Gräfin Ludovica und Dr. Dieffenbach  beeindrucken durch ihre heimliche Zuneigung füreinander ,  die auch von seiner Seite aus besteht, obwohl er glücklich verheiratet ist.  Die Hebamme Martha , die aus Menschlichkeit eine tragische Situation klärt, hat mich mit ihrer Verhaltensweise und Entscheidungen fast zu Tränen gerührt. 

Einen Kritikpunkt möchte ich allerdings anbringen. Die vielen detailreichen, blutigen und grässlichen  Beschreibungen von schwierigen Operationen hätten  für mich nicht so ausführlich und oft sein müssen. Man muss bedenken, es gab keine Narkosen, keine wirkliche Schmerzlinderung und Patienten wurden bei Bewusstsein mit roher Gewalt festgehalten und operiert.  Syphillis Patienten wurden kurzerhand mit Quecksilber behandelt , man kann sagen eher vergiftet. Tragische Schicksalsbeschreibungen werden dem Leser zugemutet. Aber die Wirklichkeit war damals so. Kliniken stanken nach Blut. Eiter und allen menschlichen Ausscheidungen.
Von gepeinigten Schmerzensschreien, die  von überall ans Ohr drangen, begleitet. Hygiene wurde  aus Unwissenheit , oft auch Faulheit nicht so ernst genommen und der Aufbau von Krankenpflegeschulen befand sich erst in seinem Anfang.
Ich musste beim Lesen oft an meinen Grossvater denken, der noch von den tragischen Cholerafällen durch  die Erzählungen seiner Grosseltern von  dieser Zeit wusste und das mit einem  makabren Lied oft vortrug: "Juppheidi, juppheida - Schnaps ist gut gegen die Cholera"!

Das Buch hat mich sehr gut unterhalten, auch wenn  der Roman einen kleinen Grusel -  und Ekelfaktor enthält, der nicht jedermanns Sache ist. 

Meine Bewertung : VIER **** Sterne für diesen wertvollen und informativen Roman.

Danke an die Autorin und  den Rowohlt Verlag für die freundliche Bereitstellung des Rezensionsexemplars!

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6 Kommentare:

  1. Na, liebe Angela, Dein Großvater hatte Humor - oder eher Galgenhumor. Nicht so gut finde ich die Covergestaltung. Möchte nicht wissen, wie oft uns dieses oder ein ziemlich ähnliches demnächst unterkommt.

    Liebe Grüße, Anne

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    1. Das Cover ähnelt ja sehr dem Buch über Marx. Ich mag das auch gar nicht, wenn ein Verlag sich etwas von anderen Verlagen abschaut - wie auch immer sie das handhaben,,,,,

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  2. Hallo liebe Angela, das Buch hört sich wirklich interessant an - werde ich mir gleich mal merken. Kennst du zufällig auch die TV Serie über die Charité? Kann man auch auf Netflix anschauen, falls du das hast. Könnte mir vorstellen, dass sie dir gefallen würde und ich kann sie nur wärmstens empfehlen. Liebe Grüße, Steffi

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    1. Hallo Steffi, fein, dass Du hierher gefunden hast. Ich habe vor einiger Zeit einen Film über die Charité im TV gesehen, der Inhalt des Buches war mir nicht ganz fremd. Danke für den Tip mit Netflix :-) ,,,
      LG Angela

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  3. Hallo Angela,
    danke für deinen Kommentar zu meiner Rezi zu diesem Buch. Ja, du sagst es: Es liest sich grausam, aber das war damals die Realität! Deswegen habe ich auch geschrieben, dass ich froh bin in dieser Zeit zu leben, was die medizinischen Erkenntnisse angeht.
    Die Reihe,. die dir Steffi B. empfielt kann ich auch empfehlen....und sie spielt um die Jahrhundertwende, als die Medizin schon weiter war...
    Das Cover hat mich auch immer wieder irritiert, wegen den Roman über Marx.
    Liebe Grüße
    Martina

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    1. Liebe Martina, da kann ich Dir nur beipflichten. Soviel hat sich verändert in der Medizin, Hygiene und vor allem die Lebensumstände der Bevölkerung haben sich ja krass gewandelt. Und die Medizin werde weitere Fortschritte machen. Es gibt genug zu tun und zu heilen :-) ,,,,
      Es fängt grad bei uns an zu regnen. Herrlich, die aufkommende Erfrischung in der Luft...
      LG Angela

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