Dienstag, 17. September 2019

*Graue Bienen* von Andrej Kurkow, erschienen im Diogenes Verlag


*Werbung*  Unterstütze den lokalen Buchhandel!
Hardcover Leinen
448 Seiten
erschienen am 01. August 2019

978-3-257-07082-8

Verlagsinfo

Der Autor Andrej Kurkow, geboren 1961 in St. Petersburg, lebt seit seiner Kindheit in Kiew und schreibt in russischer Sprache. Er studierte Fremdsprachen (er spricht insgesamt elf Sprachen), war Zeitungsredakteur und während des Militärdienstes Gefängniswärter. Danach wurde er Kameramann und schrieb zahlreiche Drehbücher. Sein Roman ›Picknick auf dem Eis‹ ist ein Welterfolg. Kurkow lebt als freier Schriftsteller in Kiew und arbeitet auch für Radio und Fernsehen.

Inhalt/Klappentext: Der Bienenzüchter Sergej lebt im Donbass, wo ukrainische Kämpfer und prorussische Separatisten Tag für Tag aufeinander schießen. Er überlebt nach dem Motto: Nichts hören, nichts sehen – sich raushalten. Ihn interessiert nur das Wohlergehen seiner Bienen. Denn während der Mensch für Zerstörung sorgt, herrscht bei ihnen eine weise Ordnung und wunderbare Produktivität. Eines Frühlings bricht er auf: Er will die Bienen in eine Gegend bringen, wo sie wieder in Ruhe Nektar sammeln können.


Meine Meinung: Sergej ist ein völlig unpolitischer Invalide und einfacher Mensch mit einer Staublunge, der eigentlich nur für seine Bienen da sein möchte, nachdem Frau und Tochter ihn verlassen haben. Aber er hat Pech. Er lebt in der *Grauen Zone* , dem Niemandsland zwischen zwei kämpfenden Kriegsparteien. Zurückgeblieben, nur die Gesellschaft seines *Feindfreundes* Paschka aus der Kinderzeit bietet ihm etwas Abwechslung. Alle anderen Bewohner des Dorfes sind vor den Kriegswirren geflüchtet.

Zitat Seite 228 : " Interesse hatten die Bienen nur eines - Honig zu sammeln."


Der ruhige und bedächtige Schreibstil des Autors führt in eine völlig fremde  und einfache Welt. In das Leben eines Mannes, für den nur eines wichtig ist. Das Überleben seiner geliebten Bienen in diesen täglichen Kriegswirren, die aus Einsamkeit, vielen Entbehrungen und doch auch kleinen Alltagsfreuden bestehen. Zum Beispiel wenn Paschka am Gartentor auftaucht, zu einem Tee oder Wodka , meist beidem, zu einem Schwätzchen bleibt. Lange begleitet der Leser diese beiden Männer, ohne sich zu langweilen. Es ist eine unbekannte Welt ohne Strom, TV, Nachrichten, voller Entbehrungen und ohne ein typisches Dorfleben. Nur der Gefechtsdonner und einzelne Granat-Einschläge schrecken die Männer - und die Leser*innen auf!


Doch plötzlich verwandelt sich der Roman in ein aufregendes Roadmovie, quer durch die Ukraine bis auf die Krim. Sergej geht auf eine unvorhersehbare Reise mit seinem  Auto, dem grünen Schiguli und dem Bienenanhänger. An jeder Passierstelle muss er sich ausweisen, gerät in den Einflussbereich unterschiedlicher politischer Parteien, findet Zuflucht und Zuneigung bei der Ladenbesitzerin Galja, fährt tatsächlich bis auf die Krim um einen Bienenfreund aus früheren , besseren Zeiten zu besuchen. 

Die Atmosphäre in diesem Buch lebt von den inneren Eindrücken und Gedanken des Sergej, die er sich über die Obrigkeit, das Leben, die unterschiedlichsten Menschen und nicht zuletzt über die Ordnung seiner Bienen als Staat macht, die er der menschlichen Gesellschaft immer vorzieht. Er liebt sie, sie heilen ihn, sie sprechen zu ihm . Sie sind die wahren Kommunisten - glaubt er. Dieses Buch verzaubert, trotz des ernsten, aktuellen Kriegshintergrundes. Vor allem durch die Schilderung der menschlichen Begegnungen des Sergej in der Ukraine und auf der Krim , und von seinen Bienen, die jedes Abenteuer tapfer miterleben, immer bis zur nächsten Bienenweide........

 Ein kleiner, heller Hoffnungsschimmer auf baldige Beruhigung und Verbesserung der allgemeinen politischen Lage bleibt beim Leser nach dem Genuss dieses interessanten und grossartigen Roadmovies zurück. Und das ist gut so.  

Meine Bewertung : FÜNF ***** Sterne für diesen grossartigen Roman!

Danke an den Autor und den Diogenes Verlag für dieses Leseerlebnis!   



4 Kommentare:

  1. Liebe Angela,
    das finde ich ja interessant, dass Du die graue Zone auch als ein Niemandsland beschrieben hast. Aber Kurkow hat es auch so beschrieben, dass man nicht anders konnte, als auf diesen Begriff zu kommen. Vieles, was Du beschrieben hast, habe ich auch erlebt. Schade, dass Du so weit weg bist, dann hätten wir uns auf ein Abendessen treffen können, und über Details sprechen können, über die Charaktere verschiedener Figuren. In einer Rezension darf man nicht zu viel verraten, das will man ja den Leser*innen nicht antun, ihnen zu viel vorwegzunehmen, obwohl dies manchmal auch nicht zu vermeiden ist.
    GlG, Mira

    AntwortenLöschen
    Antworten
    1. Liebe Mira, das würde ich auch liebend gern machen, Dich kennenlernen und über Bücher quatschen. Ich schicke Dir meine Telefonnummer, vielleicht können wir uns ja telefonische austausche - wenn Du magst. Ich würde mich darüber sehr freuen....
      Herzlich
      Angela

      Löschen
  2. Ja, sehr gerne. Würde mich freuen.
    LG, Mira

    AntwortenLöschen
  3. Liebe Angela,
    das Buch habe ich auf meiner Wunschliste! Es ist mir auf ein paar Blogs aufgefallen und hatte sofort mein Interesse geweckt. Du weißt ja, dass ich literarisch sehr gerne in der Welt umherreise. Auch unter diesem Aspekt passt es super zu meinem Leseverhalten.
    Danke für die Rezi,
    GlG, monerl

    AntwortenLöschen

Danke , dass DU hier bist !
Mit dem Absenden des Kommentars erklärst du dich mit der Speicherung und Verarbeitung deiner Daten durch diese Website einverstanden.