Mittwoch, 27. Mai 2020

*Labyrinth* von Burhan Sönmez, erschienen im btb Verlag

*Werbung, unbezahlt. Rezensionsexemplar*
DEUTSCHE ERSTAUSGABE
Aus dem Türkischen von Sabine Adatepe
Originaltitel: Labirent
Originalverlag: İletişim Yayınları
Hardcover mit Schutzumschlag, 160 Seiten, 13,5 x 21,5 cm
ISBN: 978-3-442-75838-8
Erschienen am  02. März 2020

Inhalt /Klappentext:

Boratin, ein junger Musiker öffnet nach einem Selbstmordversuch in einem Istanbuler Krankenhaus die Augen. Er kann sich an nichts erinnern, nicht einmal an seine eigenen Lieder. Für ihn besteht kein Zweifel daran, dass die einzige Wahrheit sein geschundener Körper ist. Nicht wissend, ob das Vergessen nun Fluch oder Segen ist, begibt er sich nach draußen, auf die Suche nach sich und seiner Geschichte, mitten hinein in die flirrende Metropole am Bosporus, die ihm in ihrer Gebrochenheit und ihrer Geschichtsvergessenheit zum Erschrecken ähnlich ist. Wir folgen Boratin auf seiner Suche, und wissen dabei nie mehr, als er selbst. Seine unbeantworteten Fragen werden zu Fragen, nach deren Beantwortung wir selbst suchen.

Burhan Sönmez wurde 1965 in Zentralanatolien geboren und wuchs sowohl mit der kurdischen als auch der türkischen Sprache auf. Er studierte Jura in Istanbul. Sönmez war Mitglied des türkischen Menschenrechtsvereins IHD und Gründungsmitglied der demokratischen Stiftung TAKSAV. Bei einem Übergriff durch die Polizei wurde er 1996 in der Türkei schwer verletzt und anschließend dank der Freedom-from-Torture-Stiftung in England medizinisch versorgt. Er unterrichtet an der Middle East Technical University in Ankara, schreibt für verschiedene unabhängige Medien und ist aktives Mitglied des türkischen und englischen PEN. Burhan Sönmez lebt mit seiner Familie in Istanbul und Cambridge. Seine preisgekrönten Romane erscheinen inzwischen in über zwanzig Ländern.



Meine Meinung: Es war eine packende Reise durch die MEGA CITY ISTANBUL, erlebt durch eine Ich-Erzählung, die Gedanken, Erinnerungen und Begegnungen mit Menschen des früheren Lebens eines jungen Musikers. Er erinnert sich NICHT an seine Persönlichkeit und Erlebnisse, wachte im Krankenhaus auf, wo ihm gesagt wurde, dass er von der Bosporus-Brücke, mit ausgebreiteten Armen, freiwillig und gedankenverloren in die tiefe Dunkelheit des Wassers geflogen ist. Ich bin teilweise in den Worten des Autors versunken, habe jeden Satz genossen, der poetisch und melancholisch, mit einer spürbar tiefen inneren Trauer erzählt. Philosophische Gedanken treiben den jungen Musiker um, während seiner Suche nach der Vergangenheit seines Lebens und dem Gedächtnis. Einige Menschen bieten ihm Halt in seiner Verlorenheit. Da ist sein Freund Bek und die Schwester aus der fernen Heimat auf dem Land, die er drei Jahre nicht besucht hat. Sagt sie zumindest, nach einigen Telefonaten. Boratin kann es kaum glauben, hört aufmerksam ihren Erzählungen aus seiner Kindheit auf dem Dorf zu. Auf Seite 115 kommt mir allerdings der Verdacht, dass seine Trauer und der versuchte Suizid auch noch andere Gründe hat, die im Buch nur unterschwellig und vorsichtig genannt, eher angedeutet werden. 


ZITAT Seite 115 "Was hat das A auf den Plakaten zu bedeuten, fragte ich. Ich meine, warum ist es auf das Gesicht eines Sultans gemalt, der vor hundert Jahren gelebt hat? Sie brechen in Gelächter aus. Glauben, ich hätte einen guten Scherz gemacht. Sie haben recht, sagen sie, der Mann steht JETZT an der Spitze des Staates, aber er trägt den Kopf von vor hundert Jahren. Deshalb haben wir seinen Kopf übermalt. Ihr habt das getan? Ja, letzte Woche bei den PROTESTEN." 

Dieses Buch und das obige Zitat haben mich überrascht durch die wunderbar poetische Ausdrucksweise des Autors.  Und zwar durch seine leisen Zwischentönen und die fesselnden, atmosphärischen Schilderungen einer Millionenstadt mit der Buntheit und Lebenslust ihrer teilweise sehr jungen Bevölkerung.

Meine Bewertung: FÜNF ***** Sterne für dieses Buch im grossartigen Schreibstil und in atmosphärischer Dichte verfasst.

Herzlichen Dank an den Autor und den Verlag für die Zusendung des gebundenen Rezensionsexemplar.  





Dienstag, 19. Mai 2020

*Zwei Wochen im Juni* von Anne Müller, erschienen im Penguin Verlag

*Werbung, unbezahlt, Rezensionsexemplar*

ISBN: 978-3-328-60109-8
Erschienen am  27. April 2020

Verlagslink

Inhalt/Klappentext: Wenn das geliebte Elternhaus verkauft werden muss - und die eigenen Träume zu leben beginnen

Ada liebt ihr Elternhaus an der Ostsee mit dem herrlichen Bauerngarten, doch nun heißt es, Abschied nehmen. Nach dem Tod der Mutter muss Gragaard verkauft werden. Zusammen mit ihrer Schwester Toni räumt sie Haus und Bootsschuppen aus, und eine Reise in die Vergangenheit beginnt: Da sind die Abendkleider der Mutter, die die rauschenden Sommerfeste wiederaufleben lassen und die glücklichen Tage, bevor der Vater die Familie verließ. Und da sind die Ölporträts, die der russische Maler Maxim, um dessen Aufmerksamkeit die Mädchen buhlten, einst von ihnen angefertigt hat. Als sie im Sekretär einen Brief der Mutter an sie beide finden, fasst Ada endlich den Mut, sich ihren Sehnsüchten zu stellen, und aus dem Abschied wird Aufbruch.


Anne Müller wuchs in Schleswig-Holstein auf und lebt heute in Berlin. Nach dem Studium der Theater- und Literaturwissenschaften arbeitete sie zunächst als Radiojournalistin, dann als Drehbuchautorin. »Sommer in Super 8« ist ihr erster literarischer Roman, der viele begeisterte Leserinnen und Leser gefunden hat.


Meine Meinung: 

Das wunderschön illustrierte Cover, im herrlichen Himmelblau und Orange gestaltet,  fällt sofort ins Auge und verspricht ein traumhaftes und romantisches Lesevergnügen, welches auch eingehalten wurde. Das blaue Cover, mit weißen Blütenständen verziert, mit festem Einband und in angenehmer Lesegrösse, stellt eine gelungene Beziehung zur künstlerisch begabten Ada, dem Meer und Himmel dar. Als Malerin liebt sie diese Farbkombination und stellt sie gerne in ihren Bildern dar. 

Zitat Seite 9 " Ich habe was, was du nicht hast. Ihr Spiel auf Autofahrten. Toni, die immer hinter dem Beifahrersitz und der Mutter saß, gehörte die rechte Hälfte der Welt, ihr, Ada, die linke. "

 Die Geschichte von Toni, Ada und ihren Eltern, wird in Gegenwart und mit  Rückblicken in das Kindheitserleben der Schwestern erzählt. Die Autorin lässt die jüngere Ada eindrucksvoll aus ihren Erinnerungen in zwei Ebenen aus der Ich-Erzählweise sprechen. Dies gelingt ihr mit einem ganz besonders zauberhaften und klarem Schreibstil, der berührt und viele Emotionen bei den Leser*rinnen weckt. Eigentlich ist es eine ganz unromantische Angelegenheit,  zu der sich die inzwischen erwachsenen Geschwister im Elternhaus an der Ostsee treffen. Die Mutter ist plötzlich verstorben und der Haushalt muss aufgelöst werden.  Die lebhafte, ältere Toni ( Antonia) , mitten im Leben stehend als Lehrerin , Ehefrau und Mutter einer pubertierenden Tochter perlt mit ihren aktiven Ideen und  stürmischen Handlungen durch das Buch. Im Gegensatz dazu steht die stillere, künstlerisch begabte jüngere Schwester Ada, die als Single in einer Grossstadt lebt. Beide Geschwister verbindet eine enge Beziehung an die Erinnerung von Familienleben und Kindheit im Ostseeort Gragaard. 


Die vierzehntägige Zeit, die sich die jungen Frauen  zum Aufräumen und Auflösen des Hausstandes genommen haben, wird auch eine Zeit des Aufarbeitens der vergangenen Tage und eine Reflexion ihrer jetzigen Lebenssituationen werden. Die Beziehung der Schwestern zueinander und das Verständnis füreinander vertiefen sich und führen die beiden in ganz neue Lebens-Ansichten und zu neuen Handlungswegen. Behutsam öffnet die Autorin mit ihrer bildhaften Schreibweise die Erinnerungen der vergangenen Jahre und auch Schmerz und so manche  Verletzung aller Familienmitglieder  treten zu Tage, bedingt durch die Trennung des Vaters von der Mutter nach 17 Ehejahren. Erschüttert begreifen die Geschwister, dass auch ihre Mutter nicht immer so glücklich war, wie sie geglaubt hatten als Kinder und Jugendliche. Sie kommen einem Geheimnis auf die Spur und sehen ihre Mutter nun auch klarer in ihrer Ganzheit einer weiblichen Persönlichkeit, die zugunsten der Familie und Ehe ihre künstlerische Laufbahn als Musikerin aufgegeben hatte.  Die Autorin erzählt all das in leisen Tönen und  tiefgründigen Ausführungen, die den/die Leser*rinnen zu eigenen Gedanken und Emotionen führt. 

Es ist eine stille, feine Lektüre der leisen Töne, in der nicht viel passiert, die aber dennoch voller Lebensweisheit und Klugheit steckt. 

Meine Bewertung: FÜNF ***** STERNE !

Vielen Dank an die Autorin und den Verlag für das schöne, gebundene Rezensionsexemplar!


Mittwoch, 13. Mai 2020

*Die Insel der Leuchttürme* von Lily Graham, erschienen im Diana Verlag

*Werbung, unbezahlt*

Verlagslink

Inhalt/Klappentext:

 Ein altes Haus im warmen, mediterranen Licht auf einer balearischen Insel. Ein Ort, von der Zeit vergessen, der von lange vergangenen Sommern, sonnengeküssten Erinnerungen und einem schrecklichen Verrat erzählt … 

Ihr verstorbener Mann James hinterlässt Charlotte ein unerwartetes Geschenk auf Formentera: das wunderschöne alte Haus mit dem klingenden Namen Marisal, das einst ihrer Großmutter gehörte. Als Charlotte dorthin reist, kommt sie der verborgenen Geschichte ihrer Familie, die eng mit dem dunklen Geheimnis der Insel verwoben ist, auf die Spur. Und sie erfährt von einer verhängnisvollen Liebe, die viele Leben in Gefahr brachte und von zwei Schwestern, die ein tragischer Verlust entzweite …


Lily Graham wurde in Johannesburg, Südafrika geboren. Daher stammt wahrscheinlich auch ihre Sehnsucht nach dem Meer, die sie immer begleitet. Heute lebt sie mit ihrem Mann und der Bulldogge Fudge in England und lässt ihre Liebe zum Meer in ihre Bücher einfließen. »Die Insel der Leuchttürme« ist ihr erstes Buch im Diana Verlag.

Meine Meinung: 

Das wunderschön gestaltete Cover weist sofort auf einen Wohlfühl-Roman hin, der Sommer, Sonne und Meer verspricht. So liest sich diese Geschichte auch zu Beginn. Schnell, beschwingt, mit viel Esprit. Gebannt bin ich durch die Seiten geflogen und wurde  durch den einfachen und bildhaften Schreibstil der Autorin in meiner Annahme bestätigt. Der Roman beginnt sehr traurig und bleibt auch lange deprimierend, denn die englische Hauptprotagonistin Charlotte, hat ihren geliebten Ehemann zu früh durch eine Krebserkrankung verloren. Aber er hat etwas Wunderbares für sie erstanden und ihr ein altes Haus, gelegen auf der Insel Formentera mit dem romantischen Namen Marisal, überschrieben. Sie lernt neue , auf der Insel ansässige Menschen kennen  und da ist natürlich noch ihre heutige Familie.  Ihr Bruder Alex und ihre Tochter Stage stehen ihr tapfer nach dem Verlust von Ehemann James zur Seite. 


Das Buch spielt in zwei Zeitsträngen , der Gegenwart und im 18. Jahrhundert , beginnend im Jahr 1718 auf Formentera. Das Thema ist sehr interessant gewählt und erzählt eine spannende Familientragödie. Es geht vor allem auch um eine geheime jüdische Gemeinschaft der damaligen Zeit, die sich  auf diese kleine Insel zurückgezogen hat und sogar zum Schein zum Christentum konvertiert ist. Die jüdische Gemeinde schottet sich stark ab, besucht  den christlichen Gottesdienst und besitzt sogar geheime Räume unter der Kirche, nämlich eine eigene Synagoge. 


Leider hat mir der zweite wichtige Teil aus dem 18. Jahrhundert, geprägt von einem unscheinbaren und plötzlich langweiligen  Schreibstil der Autorin gar nicht gefallen. Ihre Protagonist*innen dieser Zeit bleiben seltsam uninteressant. Sie benutzt die gleiche moderne Ausdrucks- und Schreibweise wie im beginnenden Teil des Buches und grenzt die beiden Erzähl Stränge in keiner Weise schreibtechnisch voneinander ab.  Der ganze Roman wirkt durch diesen  Schreibstil-Fehler (in meinen Augen)  plötzlich oberflächlich und nichts sagend, langweilig und ist überhaupt nicht mehr ausdrucksstark. Das ist sehr schade, vor allem um das spannende Thema der Judenverfolgung auf den Balearen, von dem ich bisher nicht viel gewußt hatte. Ich war doch sehr enttäuscht und meine anfängliche Lesefreude plätscherte leise dahin und verflog mehr und mehr von Seite zu Seite.


 Aus diesem Grunde möchte ich dem Roman mit diesem eigentlich wichtigen  Themenansatz , aber der atmosphärisch verfehlten Beschreibung einer  Historien Zeit leider nur DREI *** STERNE geben. 

Vielen Dank an den Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplar!  

Montag, 4. Mai 2020

*Im Zeichen des Löwen* von Daniel Wolf, erschienen im Goldmann Verlag

*Werbung, unbezahlt*

Historischer Roman
Friesen-Saga 1
Erscheinungstermin: 17. Februar 2020

Verlagsinfo

Inhalt/Klappentext: 

Friesland 1351: Schiffe zu bauen – das war schon immer der Traum des junge Zimmermanns Jann Wilken. Mit seinen genialen Ideen will er die Seefahrt revolutionieren und sich in den Häfen der Hanse einen Namen machen. Aber Jann hat es nicht leicht. Er ist der uneheliche Sohn des mächtigen Wilke Tammen Osinga, der den Bastard verabscheut und täglich erniedrigt. Der jähzornige Wilke führt eine Blutfehde gegen seinen Erzfeind Enne Rycken und zieht seine Söhne in den Konflikt hinein. Jann ist seit langem heimlich in seine Jugendfreundin Jorien verliebt. Doch als er ihr endlich seine Gefühle gestehen will, wird sein Dorf von Enne angegriffen, und es kommt zur Katastrophe ...


Daniel Wolf ist das Pseudonym von Christoph Lode. Der 1977 geborene Schriftsteller arbeitete zunächst u.a. als Musiklehrer, in einer Chemiefabrik und in einer psychiatrischen Klinik, bevor er sich ganz dem Schreiben widmete. Mit den historischen Romanen »Das Salz der Erde«, »Das Licht der Welt«, »Das Gold des Meeres« und »Die Gabe des Himmels« gelang ihm der Sprung auf die Bestsellerlisten. Der Autor lebt in Speyer.


Meine Meinung: Dieser fast eintausend (1000) lange Seiten verfasste historische Roman hat mich lange in seinen magischen und spannenden Bann gezogen und gefesselt. Ein ungewöhnliches und für mich relativ neues Thema hat der begabte und junge Autor Daniel Wolf damit aufgegriffen. Es handelt sich um die ersten Anfänge der Hanse-Bewegung im 13. Jahrhundert. Er verfolgt in seinem Buch die Entwicklung eines germanischen Volksstammes an der Nordseeküste gelegen, FRIESEN genannt. Von den heutigen Niederlanden bis Dänemark am Meer beheimatet, hat er diese Volksgruppe mit seinem nie langweiligen, vielfältigen und packendem Schreibstil mitsamt einer hervorragenden Recherche-Arbeit, dem interessierten Leser*rinnen zur Information und vergnüglichem Geschichtsunterricht beim Lesen geschenkt. Karten des Ortes Warfstede , im heutigen Haarlinger Land gelegen, ein fachlich sehr kompetentes Glossar über Schiffbau sowie damalige friesische und maritime Ausdrucksweisen, vervollständigen das Buch aus dem Wissen vom faszinierenden und schwierigen Handwerk der Zimmerleute rund um den Bau der Holzkoggen. 


Die Protagonisten heben sich durch charaktervolle und sehr typische Denkweisen der damaligen Zeit hervor und beeindrucken zusätzlich durch gesunden Menschenverstand und Herzenswärme. Aber der Autor erzählt  auch von unnachgiebiger Härte gegen Natur und Mitmensch, die von den harten und oft bedrohlichen Lebensumständen an der rauen  und unberechenbaren Nordseeküste gefordert wurde. Die Friesen waren immer souverän und fühlten sich frei von Autoritäten, hatten keine Könige, sondern Häuptlinge, die im kleinen Kreis ihre Regierungsgeschäfte führten. 


Diese opulente und farbige Familiensaga entführt den Leser in eine vergangene Welt, die von den Anfängen des Hansebundes geprägt wurde. Vom Handel der Kaufleute und der weiteren Entwicklung der Hanse erfahren wir zwar nicht allzuviel, doch die Familienfehden, Liebes - und Hassgeschichten füllen den Roman mit ausreichendem Leben und spannenden Wendungen. 


Meine Bewertung: FÜNF ***** Sterne für diesen grossartigen historischen Roman über die Friesen und das Leben an der stürmischen und unberechenbaren Nordseeküste. 


Herzlichen Dank an den Autor und den Goldmann Verlag für die Zusendung des Rezensionsexemplar.