Dienstag, 5. Oktober 2021

*Wenn ich wiederkomme* von Marco Balzano - erschienen im Diogenes Verlag

 

*Werbung, unbezahlt*

Hardcover Leinen

320 Seiten 

erschienen am 29. September 2021 


Inhalt / Klappentext: Sie lassen die eigene Familie zurück, um sich um fremde Menschen zu kümmern – die Frauen aus Osteuropa. Daniela ist eine von ihnen. Sie arbeitet in Mailand, rund um die Uhr, ist zuverlässig und liebevoll als Pflegerin und als Kinderfrau. Doch je mehr sie fremden Familien hilft, desto heftiger vermisst sie die eigenen Kinder. Als ihrem heranwachsenden Sohn etwas zustößt, muss sie eine Entscheidung treffen.

Marco Balzano, geboren 1978 in Mailand, ist zurzeit einer der erfolgreichsten italienischen Autoren. Er schreibt, seit er denken kann: Gedichte und Essays, Erzählungen und Romane. Neben dem Schreiben arbeitet er als Lehrer für Literatur an einem Mailänder Gymnasium. Mit seinem Roman ›Das Leben wartet nicht‹ gewann er den Premio Campiello, mit ›Ich bleibe hier‹ war er nominiert für den Premio Strega. Er lebt mit seiner Familie in Mailand.

Auszeichnungen
 ›Prix Méditerranée étranger‹ für Je reste ici (Resto qui), 2019
 ›Premio Bagutta‹ für Resto qui, 2019
 2. Platz des ›Premio Strega‹ für Resto qui, 2018
 Je reste ici (Resto qui) in Frankreich auf der Shortlist des ›Prix Femina‹, 2018
 Je reste ici (Resto qui) in Frankreich auf der Shortlist des ›Prix du roman FNAC‹, 2018
 ›Premio Asti d’Appello‹ für Resto qui, 2018
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Mein Leseeindruck: Habt ihr schon einmal von dem Begriff  *Italienkrankheit* gehört?

Nach der Lektüre oben genannten Buches vom Bestsellerautor Marco Balzano hat sich dieser Ausdruck in meinem Kopf festgesetzt und ich versuche ihn zu erklären. Der Autor schreibt in seinem Buch über Menschen aus Osteuropa,  die aus finanziellen Zwängen ihre Heimat verlassen, um ihre Familie durchzubringen. Hier ist es die Familie Matei aus einem kleinen Ort in Rumänien. Die Mutter Daniela, liebevoll  von den Kindern Angelica und Manuel Moma genannt , verlässt die Familie um in Italien als Pflegende von alten Menschen , Kranken und/oder Familien mit Kindern, Geld zu verdienen. Sie macht es heimlich, um der eigenen Familie den Abschiedschmerz zu ersparen. Doch was sie mit ihrer oft jahrelangen Abwesenheit und schleichenden Entwurzelung der eigenen Familie antut, beschreibt der Autor in dramatischen Worten und den folgenden Geschehnissen jedes einzeln Familienmitgliedes.  Daniela leidet wie viele ihrer rumänischen Freundinnen während ihrer Abwesenheit unter Depressionen, Burn Out und Schuldgefühlen. Die eigene Familie leidet ebenso - sie können alle kaum noch aufeinander eingehen. Doch was passiert wenn eigene Kinder die Mutter dringender brauchen als je zuvor? Sei es durch einen Unfall oder/und durch eine Krankheit verursacht? 

Der Schreibstil ist sehr gut zu lesen, übt einen fesselnden emotionalen  Sog auf den Leser*in aus und öffnet die Augen zusätzlich auch für das Leid der zu pflegenden alten Bevölkerung und Familien der reichen Länder in Westeuropa, die es nicht schaffen für ihre eigenen Angehörigen zu sorgen. Das Buch zeigt auch scharf die Unterschiede in den Familienstrukturen zwischen Ost - und Westeuropa auf. 
 
Manuel, Angelica und Daniela erzählen jeweils in der Ich-Form in drei Teilen von ihrem Empfinden, ihren Wünschen, Hoffnungen, Verletzungen und Wunden, die dem jahrelangen , zeitlichem Auseinander Reißen der Familie geschuldet sind. Sie leben sich auseinander, haben sich trotz täglicher Videotelefonie nicht mehr viel zu sagen. Es fehlt das reale Zusammenleben und auch die Ehrlichkeit zueinander. Die Mutter versucht ihre Abwesenheit mit vielen zusätzlichen Geschenken zu verschleiern, erzählt gleichzeitig nicht, dass sie auf viele Annehmlichkeiten eines normalen Lebens verzichtet, um dieses ihren Kindern zu ermöglichen. Der Vater Filip verlässt ebenso die Familie um als Kraftfahrer im Ausland Geld zu verdienen. Die Jugendlichen sind auf sich allein gestellt. Ihr Freundeskreis verkleinert sich, das Dorf wird durch den immensen Wegzug der Bewohner nach Westeuropa entvölkert.  Nur die alten eigenen Grosseltern bieten noch Halt und Trost im Dorf.......

Meine Bewertung: FÜNF ***** Sterne für diesen hervorragenden Roman!

Vielen Dank an den Autor und den Verlag für die Zusendung des im typischen Diogenes Stil gestaltete Cover zugesandte Rezensionsexemplar. 



6 Kommentare:

  1. Hallo,
    Dieses Buch habe ich auch gerade gelesen. Bei mir hat es nicht für 5 Sterne gereicht. Das Thema ist ja hochaktuell, denn es arbeiten ja viele Frauen aus Osteuropa als Pflegekraft...
    Liebe Grüsse
    Irene

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    1. Guten morgen liebe Irene, ich habe eben Deine ehrliche und sehr gute Rezension gelesen und kann nun besser verstehen, warum du nicht Fünf Sterne vergeben hast. Ich habe es zum Beispiel im Gegensatz zu Dir genossen nicht soviel *Wörtliche Rede* lesen zu müssen und kann die ehrliche Abnabelung der Angelica von ihrer Mutter sehr gut nachvollziehen. Eine Beziehung die mit erdrückenden einseitigen Dankbarkeitsgefühlen belastet wird , kann nur zum Scheitern verurteilt sein. Das ist aber meine ganz persönliche Empfindung! Gerade fällt mir da ein bezeichnender Satz dazu ein. *Unsere Kinder gehören uns nicht mehr* So sollte es ja sein,,,,
      GLG Angela

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  2. Ein interessantes und äußerst wichtiges Thema, liebe Angela. Wo ja unsere Politiker immer wieder davon sprechen, dass wir Arbeitskräfte aus dem Ausland brauchen. Besonders in den pflegenden Berufen. Was ja vorrangig Frauen sind. Die dann als billige Arbeitskraft hier schuften, während zu Hause die Familie den Bach runtergeht. Anstatt unsere Arbeitskräfte vernünftig zu bezahlen.
    Liebe Grüße und noch ein schönes Wochenende, Anne-Marit

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    1. Hallo Anne , die Themen *Ausbeutung von Arbeit- und Lebenskraft* *Migration, Vertreibung* hat der Autor ja schon in seinen beiden ersten Bänden *Das Leben wartet nicht* und *Ich bleibe hier* hervorragend aufgearbeitet . Und wieder sind es die Frauen, die in allen drei Büchern einen hohen Preis in dieser, unserer, von Männern geschaffenen Gesellschaft zahlen,,,,,
      GLG und einen guten Wochenstart wünsche ich Dir!
      Angela

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  3. Marco Balzano ist für mich eine Entdeckung gewesen. Auf diesen Roman bin ich gespannt und hoffe, dass ich auch 5 Sterne vergeben kann.

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    1. Hallo liebe Gela, für mich war es das dritte Buch von diesem Autor und ich möchte sagen , dass seine beiden Vorgänger fast noch besser sind. * Ich bleibe hier* hat mich stark beeindruckt , aber sein erstes Buch *Das Leben wartet nicht* war für mich das AHA-Erlebnis. Beide Rezis findest du wenn du die Titel hier in die Suchmaske einfügst,,,
      GLG Angela

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